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Freitag, 20. April 2012

Lazard-Bankerin löst Griechenlands Probleme in Geheimtreffen // Michele Lamarche von der Investmentbank Lazard Ltd. hat einen Kalender voller Besprechungen, die nie stattgefunden haben - offiziell zumindest. Lamarche, eine der wichtigsten Beraterinnen für Umschuldungen bei Lazard, war auch bei der jüngsten Umstrukturierung griechischer Schulden beteiligt.

19.04.12

Lazard-Bankerin löst Griechenlands Probleme in Geheimtreffen

Michele Lamarche von der Investmentbank Lazard Ltd. hat einen Kalender voller Besprechungen, die nie stattgefunden haben - offiziell zumindest. Lamarche, eine der wichtigsten Beraterinnen für... Von Anne-Sylvaine Chassany und Jesse Westbrook

Michele Lamarche von der Investmentbank Lazard Ltd. hat einen Kalender voller Besprechungen, die nie stattgefunden haben - offiziell zumindest. Lamarche, eine der wichtigsten Beraterinnen für Umschuldungen bei Lazard, war auch bei der jüngsten Umstrukturierung griechischer Schulden beteiligt. So traf sie sich im vergangenen Dezember als Beraterin Griechenlands mit Vertretern der Gläubiger, um einen Schuldenschnitt auszuhandeln. In ihrer 30-jährigen Karriere bei Lazard hat Lamarche bei vielen Umschuldungen eine Rolle gespielt - als eine von sehr wenigen Frauen, die in dem Bereich tätig sind.
Als während der griechischen Schuldenkrise alle Versuche gescheitert waren, den 206 Mrd. Euro hohen Schuldenberg des Landes zu halbieren und der nächste Fälligkeitstermin für griechische Anleihen nahe rückte, reiste Lamarche im Dezember 2011 nach Paris. Eines Samstagmorgens trafen sie und zwei Kollegen sich mit dem Berater Jean Lemierre von BNP Paribas SA zu einer geheimen Besprechung, sagen zwei an den Verhandlungen beteiligte Personen.
Während Lamarche in ihrer 30-jährigen Karriere bei Lazard immer auf der Seite verschuldeter Staaten verhandelt hat, vertrat Lemierre dabei Griechenlands private Gläubiger. Das halbstündige Gespräch in Paris endete mit dem Vorschlag, die privaten Gläubiger sollten einen Barausgleich erhalten und bei der Umschuldung auf neue Anleihen den öffentlichen Gläubigern gleichgestellt werden, sagten Personen, die nicht namentlich genannt werden wollten. Die Einigung habe es ermöglicht, die stockenden Verhandlungen wieder aufzunehmen.
“Wir mussten eine Lösung finden”, sagt die 63-jährige Lamarche in einem Interview. “Die Alternative, Griechenlands Austritt aus der Eurozone, war für jeden zu folgenschwer. Manchmal muss man sich mit der Gegenseite zusammensetzen und ganz unverblümt und vertraulich reden.”
Lamarche hat vergleichbare Gläubigerverzichte in der ganzen Welt verhandelt. Sie trat für den Irak, Argentinien oder die Elfenbeinküste ein. Nun steht Lamarche, klein, schlank, und elegant in Dior-Hosenanzüge und Pumps von Christian Louboutin gekleidet, im Licht der Griechenlandkrise. Sie ist eine von ganz wenigen Frauen, die an fast jeder Umstrukturierung staatlicher Schulden beteiligt sind. “Michele Lamarche hat für ihre Arbeit noch nie viel Aufmerksamkeit erhalten,” sagt Luce Gendry, Partnerin beim Pariser Bankhaus Rothschild: “Sie ist nicht der Typ, der darauf Wert legt.” Gendry kennt Lamarche noch aus der Pariser École des hautes études commerciales (HEC). “Staatsschulden waren damals nicht in den Schlagzeilen. Heutzutage erregen sie aber jedermanns Aufmerksamkeit.”
Statt auf kleinere Länder richtet sich das Interesse der Bankerin nun aber auf europäische Industrieländer, da inzwischen Nationen wie Portugal oder Spanien unter einer hohen Schuldenlast leiden. Mit Griechenland, als der größten Umschuldung eines Staates, trägt Lamarches Team auch einen größeren Anteil zu den Erlösen von Lazard bei.
Laut Angaben der griechischen Regierung hat allein die Beratung von Griechenland Lazard in den vergangenen zwei Jahren rund 25 Mill. Euro Gebühren eingebracht. Ihr Team habe darüber hinaus weitere Aufträge mit einem Bezug zur Eurokrise, sagt Lamarche ohne Nennung von Details.
“Neben ihrer Erfahrung und ihrem Verständnis vom Ablauf solcher Verhandlungen hat sie politischen Instinkt”, sagte Lemierre, der die privaten Gläubiger zusammen mit Charles Dallara, dem Managing Director des Institute of International Finance, vertritt, in einem Interview. “Bei einem Stillstand der Verhandlungen ist sie in der Lage, sich zurückzunehmen, ihre Verbindungen zu nutzen und so die Situation zum Besseren zu wenden.”
Während die Schuldenkrise die Märkte verunsichert und die Zinsen italienischer und spanischer Anleihen in die Höhe treibt, bleibt das Risiko einer Umschuldung weiterer Länder akut. Die Wirtschaft der 17 Länder der Eurozone wird nach Ansicht der EU- Kommission in diesem Jahr um 0,3 Prozent schrumpfen. Spanien hat mit 23,6 Prozent die höchste Arbeitslosenquote Europas und Probleme, die Budgetziele zu erreichen. Kaum besser ergeht es Portugal, das seit einem Jahr keine Anleihen mit längeren Laufzeiten begeben hat.
Lamarche hofft, dass Europa weitere Umschuldungen verhindert. Diese sollten immer das letzte Mittel bleiben. “Sie machen es immer schwieriger für solche Länder, später wieder an die Kapitalmärkte zurückzukehren”, sagt sie. “Portugal und Spanien unternehmen große Anstrengungen und ich hoffe, eine Erholung der US-Konjunktur wird dazu beitragen.”
In dem Pariser Geheimtreffen einen Konsens zu finden, war aber nur der Anfang der Umschuldung. Am Ende stand eine Co- Finanzierung der Euro-Nationen und der privaten Gläubiger. Die Anleger erhielten 30 Mrd. Euro in Form von Anleihen des Rettungsschirms European Financial Stability Facility (EFSF) und neue griechische Staatsanleihen, deren Nominalwert 31,5% des Wertes der alten Bonds betrug. Die Umschuldung sei die schwierigste ihrer gesamten Karriere gewesen, nicht zuletzt aufgrund der hohen Zahl beteiligter europäischer Länder und Institutionen, berichtet Lamarche.
Das Geheimnis des Erfolgs sei es, jene Gläubiger zu finden, die mit ihr an einem Strang ziehen. “Es ist unsere Aufgabe, jene Bond-Eigner zu finden, die konstruktiv mitarbeiten und in der Lage sind, Druck auf aggressivere Gläubiger auszuüben”, sagt Lamarche.
Lamarche wurde als Tochter eines Obersten der französischen Armee nahe Algier geboren und musste am Ende des Algerienkriegs aus dem Land fliehen. Algerien habe ihr das Gefühl für die Geopolitik vermittelt, sagt sie. Neben ihrer Tätigkeit, die sie regelmäßig in die Metropolen der Welt führt, hat sie drei Töchter aus zwei Ehen groß gezogen. Ihre Reisen ließen sie allein im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte der Zeit außerhalb Frankreichs verbringen. Ans Aufhören denkt sie trotzdem nicht. “Meine Tätigkeit ist intellektuell faszinierend und es ist toll, einem Land helfen zu können, wieder auf die Beine zu kommen”, sagt sie. Das sei eine sehr dankbare Aufgabe.
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Bloomberg
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