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Mittwoch, 24. Oktober 2012

Hedgefonds zocken mit Griechenland-Anleihen


23.10.12

Riskantes Spiel

Hedgefonds zocken mit Griechenland-Anleihen

Das von der Pleite bedrohte Griechenland ist zum beliebten Anlageziel für Hedgefonds geworden. Für Fonds, die im Sommer eingestiegen sind, hat sich das richtig gelohnt. Athen hilft es dagegen kaum.

Ein Händler an der Wall Street in New York: Hier sitzen mehrere Fonds, die sich auf Anleihen notleidender Euro-Staaten spezialisiert haben
Foto: dapdEin Händler an der Wall Street in New York: Hier sitzen mehrere Fonds, die sich auf Anleihen notleidender Euro-Staaten spezialisiert haben
Die Anleihen Griechenlands gehören seit wenigen Monaten zu den heißesten Spekulationsobjekten am Kapitalmarkt. Das Land, das von wirtschaftlichen und sozialen Unruhen so durchgeschüttelt wird, dass eine Neonazi-Partei in Umfragen auf Platz drei kletterte, ist zum beliebten Ziel für Käufe von Hedgefonds geworden.
Seit Griechenland im März seinen Schuldenschnitt durchbekommen hat, bei dem Anleihen im Volumen von 200 Milliarden Euro in Papiere über 60 Milliarden Euro umgewandelt wurden, haben Investoren, die sich auf notleidende Anleihen spezialisiert haben – darunter viele amerikanische Hedgefonds – in Griechenland zugeschlagen. Analysten der Hedgefonds haben griechische Finanzbeamte mit Informationsgesuchen überhäuft. Und die Preise sind gestiegen.
Third Point, ein Fonds mit Sitz in New York, riet Anfang des Monats in einem Investorenbrief zum dringenden Einstieg und verwies dabei auf die Widerstandsfähigkeit der Anleihen Portugals, das ebenfalls auf Hilfe der europäischen Partner angewiesen ist. "Wir gehen davon aus, dass Griechenland durchhalten und eine ähnliche Metamorphose durchmachen wird", heißt es in dem Brief.

Greylock und Fir Tree kaufen im großen Stil

Zu den Käufern zählt auch Greylock Capital Management, ein New Yorker Hedgefonds, der sich auf notleidende Anleihen spezialisiert hat. Auch Fir Tree Partners, ein weiterer Fonds mit Sitz in New York mit einem Anlagevermögen von acht Milliarden Dollar, ist in Griechenland eingestiegen. David Tepper, Leiter von Appaloosa Management LP, habe ebenfalls von Käufen griechischer Anleihen profitiert, berichtet ein Anleger, der in seinen Fonds investiert hat.
DAS NÄCHSTE GRIECHISCHE SPARPAKET
  • Einsparungen
  • Rentner
  • Beamte
  • Versicherte
  • Angestellte
  • Steuern
Am Montag warfen griechische Staatsanleihen mit Laufzeit bis 2023 eine Rendite von 16,53 Prozent ab. Zwar notierte das Papier zu Wochenbeginn leicht im Minus, aber die Rendite liegt aktuell drei Prozentpunkte niedriger als Anfang des Monats. Fallende Renditen bedeuten im Umkehrschluss steigende Anleihekurse.
Für Fonds, die im Sommer in Griechenland eingestiegen sind, hat sich das Engagement bisher ausgezahlt. Griechenland selbst bringt die positive Wertentwicklung dagegen wenig. Zwar haben einige griechische Fonds und Banken Gewinne eingestrichen, die Regierung jedoch ist Jahre davon entfernt, neue Anleihen ausgeben zu können.

Griechenland-Bonds sind hochriskant

Selbst wenn man durch die rosarote Brillen schaut, kann man die schwerwiegenden Probleme Griechenlands nicht übersehen. Es gibt fast niemanden, der davon ausgeht, dass sich das Land irgendwann in naher Zukunft aus seiner Misere befreien oder seine Schulden komplett zurückzahlen wird.
Griechische Anleihen sind hochriskant und der Markt ist klein. Lediglich 20 Prozent der griechischen Schuldpapiere im Gesamtvolumen von 300 Milliarden Dollar liegen in privater Hand; den Rest halten die Europäische Zentralbank, der Internationale Währungsfonds und die Regierungen der Euro-Zone, die Griechenland aufgefangen haben.
Aus Sicht der Bullen sind griechische Anleihen aber so billig, dass das alles kaum ins Gewicht fällt. Für sie sind die Papiere eine der seltenen Chancen, Schulden eines europäischen Landes zu Spottpreisen aufzusammeln. "Solch eine Möglichkeit bekommt man nicht oft", sagt Hans Humes von Greylock. 20 Prozent seines Portfolios habe er in griechische Anleihen gesteckt, fügt er hinzu.
Third Point, das vom Hedgefonds-Investor Daniel Loeb geleitet wird, hat nach Angaben eines Anlegers mehrere hundert Millionen Dollar an Buchgewinnen gemacht, seit es im Juli und August in griechische Staatsanleihen eingestiegen ist. Das Unternehmen hat die Papiere zu 17 Cent je Euro Nennwert gekauft, nachdem es für sich entschieden hatte, dass Griechenland den Euro wohl nicht verlassen werde.
Ein Komplettverlust für Third Point und andere Fonds ist unwahrscheinlich. Selbst im Fall eines griechischen Zahlungsausfalls dürften die Gläubiger einen Teil ihres Geldes zurückbekommen. "Es ist sehr schwer, sich irgendwas unterhalb von zehn Cent vorzustellen", sagt ein Hedgefonds-Manager, der griechische Anleihen gekauft hat.

Kurse für Langläufer-Anleihen verdoppelt

Fir Tree habe im Sommer zu Preisen zwischen 12 und 20 Cents je Euro Anleihen eingesammelt, sagt eine Person, die mit den Käufen vertraut ist. Der Fonds kalkuliere damit, dass deren Wert selbst im Fall eines Austritts Griechenlands aus dem Euro im mittleren 30er-Cent-Bereich liegen werde.
Griechenlands am längsten laufende Anleihe, die 2042 ausläuft, wurde vor der Parlamentswahl im Juni zu 12 Cent gehandelt. Seither hat sich der Kurs auf fast 24 Cent verdoppelt.
Bei der Umschuldung im März hatten Besitzer der alten Anleihen einen Strauß neuer Papiere bekommen mit unterschiedlichen Laufzeiten für jedes Jahr von 2023 bis 2042. Darauf gibt es zunächst gerade einmal zwei Prozent Zinsen. Als Konsequenz sitzen viele Anleihegläubiger jetzt auf griechischen Bonds, die sie gar nicht haben wollen. Viele haben diese verkauft, was die bereits niedrigen Preise noch weiter in den Keller schickte.
Die Commerzbank etwa hat laut offiziellen Mitteilungen sämtliche Bestände abgestoßen. Die italienische Bank Sanpaolo besaß zum Zeitpunkt der Umschuldung Anleihen im Wert von mehr als einer Milliarde Euro. Im Tausch hat sie neue Bonds über 348 Millionen Euro bekommen. Diese hat sie Pflichtmitteilungen zufolge bis auf einen Rest von 73 Millionen Euro seither verkauft. So tun sich für diejenigen, die bereit sind, Risiken auf sich zu nehmen, ungeahnte Möglichkeiten auf.
Griechenlands Premierminister Antonis Samaras hat seit seinem Amtsantritt versucht, die Partnerstaaten in der Euro-Zone davon zu überzeugen, dass Griechenland entschlossen ist, im Währungsblock zu bleiben. Die jüngsten Pläne der EZB, die Anleihemärkte der Euro-Zone zu stützen, haben das Vertrauen gestärkt, auch wenn diese eigentlich auf Spanien und Italien abzielen. Einige sehen die scharfen Ausgabekürzungen, die Griechenland nun angeht, als Beweis für die Entschlossenheit, mit der die Regierung die finanzielle Misere in Angriff nimmt.

Politiker als größte Gefahr für Anleger

Doch es gibt ernsthafte Vorbehalte: Zum einen sind die Kursausschläge heftig gewesen. Die Anleihen sind im Mai so tief gestürzt, dass es Monate dauerte, bis ihre Preise wieder das Niveau erreicht hatten, auf dem sie vor der Umschuldung im März lagen.
Zudem könnten die Schwierigkeiten der Bevölkerung im Zuge der anhaltenden Rezession politische Kräfte an die Macht bringen, die sich weniger um die Rückzahlung der Staatsschuld scheren als Samaras.
Am meisten Sorgen sollte privaten Anlegern aber die Tatsache bereiten, dass das Heft des Handelns nach wie vor bei den politischen Führern der Euro-Zone liegt. Beim Schuldenschnitt im März hat die Politik schmerzhafte Verluste für private Gläubiger erzwungen, ohne gleichzeitig den Nennwert ihrer eigenen Kredite an Griechenland zu beschneiden.
Die EZB hat über ein Nebengeschäft jegliche Wertverluste für ihre Anleihebestände verhindert. Mag sein, dass die privaten Anleger jetzt rechtlich besser abgesichert sind, die Kontrolle über ihre Anleihen haben sie aber nicht.
Mitarbeit: Neelabh Chaturvedi
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