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Dienstag, 26. März 2013

Eurogruppen-Chef: Zypern-Rettung ist Wendepunkt


Jeroen DijsselbloemEurogruppen-Chef: Zypern-Rettung ist Wendepunkt

 ·  Wie mit den strauchelnden Banken Zyperns nun umgegangen wird, könnte ein Modell für drohende Pleiten auch in anderen Ländern werden. Zyperns Banken öffnen nun doch erst am Donnerstag wieder.
Die Rettung Zyperns über die Restrukturierung seiner Großbanken markiert nach Ansicht von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem einen Einschnitt im Kampf gegen die Schulden- und Bankenkrise in der Euro-Zone. Zum einen stehe der Fall Zypern Modell für den Umgang mit drohenden Bankpleiten in der Zukunft, erklärte Dijsselbloem in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters und der Wirtschaftszeitung „Financial Times“ am Montag in Brüssel. Zum anderen sei klar, dass auch andere Euro-Länder mit übergroßem Bankensektor diesen verkleinern müssten. Das vor allem von einer Bankenkrise geplagte Zypern hatte nach heftigem Streit mit den internationalen Geldgebern im zweiten Anlauf ein Rettungspaket vereinbart. Die beiden größten Banken des Landes, die Bank of Cyprus und die Laiki-Bank, sollen zusammengelegt und der Banksektor eingedampft werden.
Die Banken des Landes sollen nun - ohne Ausnahme - doch erst am Donnerstag wieder öffnen. Dies gab der zyprische Finanzminister Michalis Sarris am späten Montagabend bekannt. Zuvor hatte die Zentralbank erklärt, dass am Dienstag alle kleinen Kooperativbanken, die kleine zyprische Hellenic Bank sowie alle ausländischen Banken aufmachen würden. Die beiden angeschlagenen großen Banken, Bank of Cyprus und Laiki Bank, sollten von vornherein erst am Donnerstag wieder öffnen. Doch die kleinen Banken hätten heftig gegen ihre Öffnung getrennt von den großen protestiert, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen des Finanzministeriums. Sie hätten einen Ansturm der Kunden befürchtet. Die Banken auf Zypern sind bereits seit dem 16. März geschlossen.
Zyperns Präsident Nikos Anastasiades bezeichnete die mit den internationalen Geldgebern seines Landes vereinbarten Rettungsmaßnahmen als „schmerzhaft“ . Die Mittelmeerinsel werde aber „wieder auf die Beine kommen“, sagte Anastasiades am Montagabend in einer vom Fernsehen übertragenen Rede an die Nation überzeugt. Die Verhandlungen mit der Eurozone und dem Internationalen Währungsfonds bezeichnete er als „sehr schwierig“. Es habe dabei „dramatische Augenblicke“ gegeben, sagte Anastasiades. Gemeinsames Ziel sei es aber gewesen, „unser Land zu retten“.
Eurogruppen-Chef Dijsselbloem betonte am Montagabend in einer Mitteilung, dass die Bankenrettung in Zypern kein Modell für andere Länder sei. „Zypern ist ein besonderer Fall mit außergewöhnlichen Herausforderungen“, schrieb der niederländische Finanzminister. In der Mitteilung hieß es: „Makroökonomische Anpassungsprogramme sind für die betroffenen Länder maßgeschneidert und es werden keine Modelle oder Vorlagen genutzt.“

„Stärkt eure Banken, repariert die Bilanzen“

„Was wir vergangene Nacht getan haben, bezeichne ich als Risiken zurückdrängen“, hatte Dijsselbloem zuvor in einem Interview gesagt. Befragt nach möglichen Folgen für Luxemburg oder Malta, deren Bankensektoren ebenfalls extrem groß sind, betonte er: „Das bedeutet: Klärt das, bevor es zu Schwierigkeiten kommt. Stärkt Eure Banken, repariert die Bilanzen und seid Euch im Klaren darüber, wenn Banken in Probleme geraten, kommen wir nicht automatisch, um sie zu lösen.“ Krisenbanken müssten damit ebenso wie ihre Heimatländer damit rechnen, in Zukunft „zurückgestoßen“ zu werden. „Ihr müsst Euch damit beschäftigen“, wandte sich Dijsselbloem an Partnerstaaten in der Euro-Zone. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte dagegen stets betont, Zypern sei ein Einzelfall. Der Bankensektor Zyperns ist mit einem Verhältnis von Bilanzsumme zu Bruttoinlandsprodukt von acht zu eins doppelt so groß wie der EU-Durchschnitt. Doch in Luxemburg, Irland und Malta ist die Wirtschaft ebenso vom Finanzsektor dominiert, was die Euro-Finanzminister im Fall Zypern als nicht tragfähiges Geschäftsmodell betrachteten.
Dijsselbloem stellte zudem klar, dass eine direkte Rekapitalisierung der Banken durch den Rettungsmechanismus ESM nicht die Lösung für Länder mit Pleitebanken sein wird. Bei massivem Kapitalbedarf angeschlagener Banken werde künftig stets geprüft, inwieweit Aktionäre, Anleihegläubiger und letztlich auch die Kunden einer Bank - in dieser Reihenfolge - die Löcher stopfen könnten. Direkte Bankenhilfen aus dem Euro-Rettungsfonds waren auf Druck von Spanien und Italien im vergangenen Jahr beschlossen worden, um den Teufelskreis aus hohen Staatsschulden und Bankenrettung mit Steuerzahlergeld zu durchbrechen. Zuvor hatte die EU zum Kampf gegen künftige Bankenkrisen aber die Devise ausgegeben, nach den mehrere Milliarden Euro schweren Rettungsaktionen sollten pleitebedrohte Banken nicht mehr mit öffentlichen Mitteln aufgefangen werden.
Deutschland, die Niederlande und Finnland setzen sich für diese Linie auch bei der Ausgestaltung der ESM-Bankenhilfe ein. Deutschland will die zur Bankenrettung nutzbaren Mittel des ESM, der insgesamt 500 Milliarden Euro Hilfsgelder hat, auf deutlich weniger als 80 Milliarden Euro beschränken. „Wir sollten eine Lage anstreben, in der wir nicht mal an direkte Rekapitalisierung denken müssen“, sagte Dijsselbloem. Wenn es mehr Instrumente zum Bail-in, also zur Kostenbeteiligung von Eigentümern und Gläubigern der Banken gebe, um so geringer sei der Bedarf nach Hilfe. Banken sollten in der Lage sein, sich selbst zu retten.
Der Zypern-Rettungsplan hatte ursprünglich nur die Bankkunden über eine Einlagenabgabe belasten sollen. Nach der Ablehnung durch das Parlament in Nikosia und großer Empörung in der gesamten Euro-Zone war dieser Plan fallen gelassen worden. Die zweitgrößte zyprische Bank Laiki soll jetzt aber dichtgemacht werden, wobei Guthaben über der gesetzlich geschützten Schwelle von 100.000 Euro Konkursmasse werden. Konten mit Einlagen unter diesem Betrag gehen an die größte Bank des Landes, die Bank of Cyprus. Doch auch diese muss über einen Beitrag von Eigentümern und Gläubigern saniert werden.
Die Beruhigung an den Finanzmärkten in den vergangenen Monaten sollte dazu genutzt werden, die Abkehr von staatlichen Bankenhilfen zu vollziehen, sagte Dijsselbloem weiter. Die Euro-Zone müsse Kunden oder Gläubigern der Banken klar machen, dass sie die Risiken, die sie eingingen, selbst beherrschen müssten - oder sie andernfalls meiden sollten. Die Konsequenz wäre das Verweigern staatlicher Rettungsaktionen. „Dieses Herangehen sollten wir jetzt, wo die heiße Phase der Krise hinter uns liegt, wählen.“

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