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Sonntag, 24. März 2013

Zyperns Präsident verhandelt mit Geldgebern


SHOWDOWN IN BRÜSSELZyperns Präsident verhandelt mit Geldgebern

Die Lage Zyperns spitzt sich zu: Die angeschlagene Laiki Bank schränkt Abhebungen auf 100 Euro ein. Währenddessen kämpft Präsident Anastasiades in Brüssel gegen die Staatspleite. Am Abend tagen die Euro-Finanzminister.
Zyperns Präsident Nikos Anastasiades am Sonntagnachmittag auf dem Brüsseler Flughafen. Quelle: ap
Zyperns Präsident Nikos Anastasiades am Sonntagnachmittag auf dem Brüsseler Flughafen.Quelle: ap
Nikosia/BerlinDer zyprische Präsident Nikos Anastasiades hat mit den EU-Spitzen am Sonntag in Brüssel über die Rettung seines Landes vor dem Staatsbankrott verhandelt. Er traf nach Angaben von Diplomaten zunächst mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso zusammen. Danach habe es bei einem Arbeitsessen eine größere Runde gegeben. Am Tisch saßen auch IWF-Chefin Christine Lagarde, EZB-Präsident Mario Draghi, Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und EU-Währungskommissar Olli Rehn.
Die Gespräche fanden vor einem Krisentreffen der Euro-Finanzminister statt, dessen Beginn für 18 Uhr geplant war. Es müsse unter enormem Zeitdruck eine Lösung für das pleitebedrohte Mittelmeerland gefunden werden, sagten EU-Diplomaten am Sonntag. Zypern wollte mit neuen Zugeständnissen eine Staatspleite in letzter Minute doch noch abwenden. Die Lage des Finanzsystems ist prekär: Ein Sprecher besätigte am Sonntag, dass die Laiki Bank (Popular Bank) Bargeldabhebungen auf 100 Euro beschränkt habe.

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Aus Brüssel gab es zunächst keine Informationen über einen möglichen Durchbruch. Erst waren im Laufe des Wochenendes optimistische Töne aus Nikosia gekommen, später hieß es, die Gespräche über den zyprischen Eigenbeitrag seien in einer „heiklen Phase“. Wie Welt Online am Sonntagnachmittag unter Berufung auf das Umfeld der internationalen Geldgeber berichtete, sei der Finanzbedarf des Landes um zwei Milliarden Euro gestiegen. Bislang war von etwa 17 Milliarden Euro die Rede, von denen Zypern fast sechs Milliarden Euro aus eigener Kraft aufbringen wollte.
Es gab aber in dem besonders wichtigen Punkt einer Teil-Enteignung reicher Bank-Kunden Fortschritte im Sinne der Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF. Zyprischen TV-Berichten zufolge sei vereinbart worden, dass eine Zwangsabgabe von 20 Prozent auf Einlagen von mehr als 100.000 Euro beim größten Geldhaus des Landes, der Bank of Cyprus, erhoben werde. Bei anderen Banken solle sich die Abgabe für Vermögende auf vier Prozent belaufen.
Zypern taumelt seit Tagen Richtung Pleite. Ein erstes Rettungspaket war im Parlament ohne eine einzige Ja-Stimme durchgefallen. Es sah eine Zwangsabgabe auf alle Bank-Vermögen vor, belastete also auch Kleinsparer. Heftige Protesten der Bevölkerung waren die Folge. Nun wird nach Alternativen gesucht, um den geforderten eigenen Sanierungsbeitrag Zyperns zustande zu bringen. Aus dem überdimensionierten Bank-Sektor sollen 5,8 Milliarden Euro kommen. Das ist die Voraussetzung dafür, dass Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) über zehn Milliarden Euro freigegeben werden können.

Die vier Szenarien für Zyperns Zukunft

  • 1. ZYPERN KNICKT EIN
    Der Druck der Eurogruppe wird zu groß - besonders durch die Drohung der Europäischen Zentralbank (EZB), den Banken des Landes keine Notfall-Liquidität mehr bereitzustellen. Dann stehen die wichtigsten Geldhäuser der Insel vor der Pleite. Zyperns Regierung bringt also in den kommenden Tagen einen neuen Vorschlag ins Parlament ein, die von der Eurozone geforderten 5,8 Milliarden Euro aufzubringen. Diesmal stimmen die Abgeordneten mit knapper Mehrheit zu.
    Denkbar ist eine erneute Änderung der Zwangsabgabe für Bankkunden mit einer stärkeren Entlastung für Kleinsparer, Großanleger müssen hingegen mehr abgeben. Mögliche Finanzierungslöcher könnten etwa mit größeren Erlösen durch den Verkauf von Staatsbesitz gestopft werden. Die Regierung in Nikosia soll auch darüber nachdenken, die Rentenkasse anzuzapfen. Ist der Rettungsplan von Nikosia verabschiedetet und von der Eurogruppe gebilligt, können die Banken der Insel wieder öffnen. (Quelle: afp)
  • 2. RUSSLAND HILFT ZYPERN
  • 3. DIE EUROZONE KNICKT EIN
  • 4. DIE EUROZONE BLEIBT HART
Wertvolle Zeit sei verstrichen, sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Es gebe zwar Fortschritte, Zypern stehe aber vor schweren Zeiten. Eine optimale Lösung könne es nicht mehr geben. „Heute sind nur noch harte Entscheidungen übrig.“ Zyperns Präsident Nikos Anastasiades war am Sonntag nach Brüssel aufgebrochen. Er ist erst seit etwa einem Monat im Amt, muss nun aber den Bankrott abwenden, der dem Land spätestens im Juni droht. Es ist für Zypern die größte Krise seit dem Einmarsch türkischer Truppen 1974, der die Insel geteilt hat.
Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schwor die Zyprer auf harte Zeiten ein. „Zypern wird einen schweren Weg gehen - so oder so. Aber das ist nicht die Folge europäischer Sturheit, sondern eines Geschäftsmodells, das nicht mehr funktioniert“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Schäuble hat wie viele andere Politiker zuletzt kritisiert, dass die marode Bankenbranche Zyperns dringend schrumpfen müsse. Niedrige Steuern, hohe Zinsen und laxe Geldwäsche-Kontrollen hätten ihn gefährlich aufgebläht. Eine Insolvenz solle nach Möglichkeit vermieden werden, um dem Euro keinen Bärendienst zu erweisen, sagte Schäuble. An den Rahmenbedingungen für ein Hilfsprogramm ändere sich aber nichts.

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