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Dienstag, 26. März 2013

Zyperns Rettungsplan „Euphorie ist fehl am Platze“


Zyperns Rettungsplan„Euphorie ist fehl am Platze“

 ·  Erleichterung bei Politikern, ein schweigender Präsident, Frust bei Bürgern: In Zypern wird die Einigung auf ein Rettungspaket unterschiedlich aufgenommen. Ein Überblick über die wichtigsten Punkte des Zypern-Pakets und die aktuellen Ökonomen-Einschätzungen.
 „Wir haben eine ungeordnete Staatspleite abgewendet, die zu einem Abschied Zyperns von der Euro-Zone geführt hätte - mit unabsehbaren Folgen“, sagte Regierungssprecher Christos Stylianides am Montag in Brüssel. „Das ist ein schlechtes Geschäft, doch wir haben mit einem Extremszenario kämpfen müssen, das noch viel schlechter war“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der konservativen Regierungspartei, Lefteris Christoforou.„Ein neuer Tag ist für Zypern angebrochen“, sagte der frühere Notenbankchef Afxentis Afxentiou. „Ich glaube, dass es mit Zypern in zwei bis drei Jahren wieder bergauf gehen wird.“
Präsident Nikos Anastasiades schwieg dagegen. Er hatte bei den Verhandlungen mit Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfond (IWF) und den Euro-Finanzministern nach Auskunft von EU-Diplomaten zwischenzeitlich mit Rücktritt gedroht, falls beide Großbanken des Landes als Gegenleistungen für die
Zehn-Milliarden-Euro-Hilfe dichtgemacht werden müssten. Nach der Einigung am frühen Morgen verließ er das EU-Ratsgebäude kommentarlos und überließ seinem Finanzminister alle weiteren Erklärungen.
In der Bevölkerung wird die Vereinbarung skeptisch aufgenommen. „Wie lange wird das dauern“, fragte Georgia Xenophontos, eine 23-jährige Hotel-Rezeptionistin in Nikosia. „Warum sollte irgendjemand dieser Regierung glauben?“ Im ersten Anlauf hatte sie eine Zwangsabgabe auf alle Bankeinlagen geplant, was in Zypern ebenso wie im Rest der Euro-Zone auf großen Protest gestoßen war.

Die wichtigsten Punkte des Zypern-Pakets

Anlegerschutz: Im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung der Abmachung von Mitte März werden Konten mit Guthaben von weniger als 100.000 Euro nicht angerührt. Die geplante generelle Zwangsabgabe auf Konten entfällt.
Endgültige Abmachung: Sie soll im April stehen. Zuvor müssen nationale Parlamente wie in Deutschland noch zustimmen. Die ersten Auszahlungen aus dem europäischen Rettungsschirm ESM soll es dann im Mai geben.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hält eine schnelle Abstimmung des Bundestages über das revidierte Zypern-Rettungspaket nicht für erforderlich. Rechtlich sei man in der vergangenen Woche gemeinsam zu der Überzeugung gekommen, dass eine Beschlussfassung in diesem Stadium nicht notwendig sei, sagte er in Brüssel. Er wolle allerdings noch an diesem Vormittag die Fraktionschefs unterrichten und dann werde man sehen. Grundsätzlich zeigte sich Schäuble überzeugt, dass der Zypern-Kompromiss die notwendige Zustimmung des Parlaments bekommen werde
Umfang: Die Finanzhilfen der Geldgeber umfassen bis zu zehn Milliarden Euro. Der Internationale Währungsfonds will sich beteiligen, eine Summe steht noch nicht fest. Im Gespräch ist rund eine Milliarde Euro.
Zyprische Banken: Zypern sichert zu, sein aufgeblähtes Bankensystem zu sanieren und deutlich zu verkleinern. Die zweitgrößte Bank Laiki wird abgewickelt. Der Branchenprimus Bank of Cyprus wird zurechtgestutzt und übernimmt den überlebensfähigen Teil von Laiki.
Großanleger, Gläubiger und Anteilseigner müssen sich auf erhebliche Verluste einstellen. Bei der Bank of Cyprus werden zunächst alle Anlagen von über 100.000 Euro eingefroren. Die Hilfsgelder werden nicht für Finanzspritzen zugunsten der Bank of Cyprus oder Laiki eingesetzt.

Ökonomen-Einschätzungen zum Rettungspaket

Das letztendlich beschlossene Rettungspaket für den Euro-Zwergstaat Zypern ist nach Einschätzung der Berenberg Bank wesentlich besser als der erste Hilfsplan, der vom zyprischen Parlament abgelehnt wurde. Die Lösung, die am Ende den Zuschlag erhalten hat, trenne die Restrukturierung des Bankensektors von den staatlichen Finanzen und schone Kleinsparer, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Analyse von Volkswirt Christian Schulz. Allerdings berge der Stützungsplan für die Banken einige neue, potenziell gefährliche Maßnahmen, vor allem die Einbeziehung von Einlegern und vorrangigen Anleihehaltern. „Doch Zypern ist ein spezieller Fall“, so Schulz. Positiv hebt er die Zusage hervor, dass Bankeinlagen bis zu 100.000 Euro auch bei Pleiten von Instituten geschützt werden sollen.
Nach der Rettung in letzter Minute steht das krisengeschüttelte Euroland Zypern laut VP Bank vor harten Zeiten. Das Schlimmste sei zwar abgewendet, heißt es in einer ersten Einschätzung von Chefvolkswirt Thomas Gitzel. „Nach dem Spiel ist aber vor dem Spiel.“ Nun beginne das, was bereits Irland, Portugal und Griechenland schmerzlich hätten erfahren müssen: Jahrelanges Sparen mit tiefen Einschnitten. „Die Rezession hat gerade erst begonnen. Euphorie ist deshalb fehl am Platze.“
Die Eurogruppe hat bei den Verhandlungen um das Hilfspaket für Zypern nach Einschätzung der Commerzbank das Bestmögliche herausgeholt. Letztlich habe Zypern die radikale Umstrukturierung seines Bankensektor hinnehmen und damit nachgeben müssen, kommentiert Analyst Lutz Karpowitz am Montag. Nun würden die Gläubiger der Banken für die Kosten aufkommen. „Die Standhaftigkeit der Eurogruppe ist für den Euro schon deshalb positiv, weil zukünftigen Problemländern eine klare Grenze aufgezeigt wurde.“ Trotz der harten Verhandlungen sei es jedoch gelungen, Zypern dort entgegenzukommen, wo es vertretbar war. „Kleinsparer werden verschont - damit kann das zyprische Parlament sein Gesicht waren, nachdem es letzte Woche eine Steuer auf Bankeinlagen abgelehnt hatte.“ Das Geld über eine Bankenrestrukturierung einzunehmen habe, so Karpowitz, zudem den Vorteil, dass das Parlament in Nikosia nicht erneut abstimmen müsse, da die Zustimmung schon vorliege.

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