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Sonntag, 12. Mai 2013

Kommt die Zeitenwende am Anleihemarkt?


Internationaler FinanzmarktKommt die Zeitenwende am Anleihemarkt?

 ·  Alle Welt schaut auf den Rekordstand am Aktienmarkt. Dagegen ist der Anleihemarkt derzeit noch viel spannender. Der Bericht von den internationalen Finanzmärkten.
© F.A.Z.
Bill Gross ist als Vorsitzender der Geschäftsführung der Fondsgesellschaft Pimco ein Mann, der an den Märkten Beachtung findet. Schließlich ist die in Kalifornien ansässige Pimco der wichtigste Manager von Anleihefonds in der Welt. Der 30 Jahre währende Bullenmarkt bei Anleihen sei vorüber, teilte Gross dieser Tage per Twitter mit. Nun hat Gross auch schon schiefgelegen - so hatte er im vergangenen Jahr geäußert, das Zeitalter der Aktie als attraktive Anlageform sei vorüber. Aber Gross’ Warnung vor einer Zeitenwende am Anleihemarkt kam in einer Woche, deren Verlauf Beachtung verdient.
Alleine am vergangenen Freitag stiegen die Renditen von Staatsanleihen aus Ländern mit guter Bonität wie den Vereinigten Staaten, Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich, Dänemark und Australien um rund 10 Basispunkte. Als Bewegung eines Tages wäre das nicht sehr auffällig, und die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt mit 1,38 Prozent auch nur rund 20 Basispunkte über ihrem historischen Tiefststand. Aber zumindest in den Vereinigten Staaten hat sich, worauf auch Gross hinwies, das bisher auf weiter sinkende Renditen deutende charttechnische Bild nachhaltig verändert, und die jüngsten Daten vom amerikanischen Terminmarkt zeigen, dass die auf weitere Kursgewinne und damit weiter sinkende Renditen setzenden Großanleger zurückhaltender geworden sind.

Leichter Rückgang des Goldpreises

Der Grund für die steigenden Renditen ist vor allem ein zunehmender Konjunkturoptimismus - und damit ist auch eine Voraussetzung für weiter steigende Renditen erfüllt: Die Vorstellung einer sich kräftiger belebenden Weltkonjunktur braucht eine Bestätigung durch Daten in den kommenden Monaten. In den vergangenen Tagen wurden vor allem Nachrichten vom amerikanischen Arbeitsmarkt und der britischen Industrie beachtet. So ist die britische Industrieproduktion im März 2013 stärker gestiegen als von Ökonomen erwartet. Mit Interesse betrachten die Finanzmarktteilnehmer nun, was die Zentralbanken mit diesen Daten anfangen. Aufmerksam wurden die Warnungen Ben Bernankes, des Vorsitzenden des Federal Reserve Board, vor einer wachsenden Gefahr von Spekulationsblasen vermerkt.
Dabei lässt sich für den Fall einer spürbaren Belebung der Weltkonjunktur ein Szenario steigender langfristiger Anleiherenditen unabhängig von der Reaktion der Geldpolitik begründen. Behalten die Zentralbanken ihre lockere Politik bei, können steigende Inflationserwartungen einen Anstieg der Anleiherenditen begründen. Verschärfen die Zentralbanken dagegen ihre Politik, dürfte dies mit einer Reduzierung oder sogar einer Beendigung ihrer Anleihekäufe einhergehen. Dann könnte die nachlassende Nachfrage der Zentralbanken nach Anleihen einen Renditeanstieg unterstützen.
Im Zusammenhang mit den steigenden Renditen in den Vereinigten Staaten dürfte auch der leichte Rückgang des Goldpreises zum Wochenende zu betrachten sein. Als Bewegung eines Tages war er ebenfalls nicht außergewöhnlich. Ein dauerhafter Anstieg der Anleiherenditen könnte jedoch erheblichen Preisdruck auslösen, denn bei nicht wenigen Fachleuten gilt ein steigender amerikanischer Realzins als schlimmster Feind einer Hausse am Goldmarkt.

Anleihen sind immer noch sehr hoch bewertet

Die Renditeabstände zwischen Deutschland und den Peripheriestaaten haben sich in den vergangenen Wochen verringert, auch wenn die jüngste Auktion von Staatsanleihen zeigte, dass nach den deutlichen Renditerückgängen in den Vorwochen auf dem aktuellen Niveau die Euphorie für spanische Papiere nachzulassen beginnt. Dagegen wurde die erste neue zehnjährige portugiesische Staatsanleihe seit mehreren Jahren stark nachgefragt. Insgesamt ist eine Entspannung unverkennbar: Der Renditeabstand zwischen Zehnjährigen aus Italien und Deutschland belief sich zum Wochenschluss auf 251 Basispunkte verglichen mit 531 Basispunkten im Juli 2012. Der CDS auf italienische Fünfjährige wurde mit 238 Basispunkten notiert, dem niedrigsten Stand seit dem Sommer 2011. Spanien und Italien werden in der kommenden Woche mit Neuemissionen an den Markt gehen.
Ein Renditeanstieg am Anleihemarkt könnte auch eine Normalisierung des Preisverhältnisses zwischen Aktien und Anleihen einleiten. Während auf dem aktuellen Niveau deutsche Aktien nach gängigen Kriterien wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis oder dem Kurs-Buchwert-Verhältnis in historischer Betrachtung weder billig noch extrem teuer sind, befindet sich die Bewertung der Staatsanleihen nahe einem historischen Höchststand. Damit sind Anleihen im Vergleich zu Aktien immer noch sehr hoch bewertet. Kurzfristig sehen die Experten der Helaba aus charttechnischer Sicht nach dem Rekordhoch des Dax von 8358 Punkten die Möglichkeit einer kurzfristigen Korrektur. Bis zum Jahresende aber besitzen die deutschen Aktienkurse nach Ansicht von JP Morgan Asset Management noch Luft nach oben.

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