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Sonntag, 28. Juli 2013

weitere Überlegungen zur ZwangsCACerei....von einem Freund

Das ganze ist höchst kompliziert, da kollidieren alle möglichen Rechtsordnungen miteinander - Privatrecht, öffentliches Recht, Völkerrecht, Europarecht...
 
Wenn´s kompliziert wird muß man einfach denken.
 
Den Ordre public kenne ich, der wird auch möglicherweise zur Anwendung kommen - und zwar bei der Frage, ob ein Schuldner kraft seiner hoheitlichen Nudelsuppe nachträglich langlaufende Schuldverträge kurz vor Fälligkeit mal eben zu seinen Gunsten abändern darf.
Das ist aus meiner Sicht die Kernfrage: darf Griechenland nachträglich ohne Zustimmung der Investoren (Gläubiger sage ich bewußt nicht wg. der Verwahrkettenthematik) Anleihebedingungen zu seinen Gunsten ändern, indem es CAC´s einführt?
 
In diesem Zusammenhang stellen sich 2 Fragestellungen:
a) war die Einführung der CAC´s bereits ein Event-of-Default Ereignis? Buchheit sagt "Nein", damit sei ja noch gar nix passiert.
Man hat hier quasi den Juwelierladen aufgesperrt und ein Schild "Tür ist offen" drangehängt. Ausgeraubt wurde er dann erst später - durch die offene Tür. Jede Versicherung würde hier zumindest grobe Fahrlässigkeit oder sogar Vorsatz unterstellen.
b) Unabhängig ob Default oder nicht: kollidiert die nachträgliche Änderung der ALB grundsätzlich mit allgemeingültigen Rechtsnormen --> ordre public?
 
Die nachträgliche Einführung der CAC´s ist meiner Meinung nach die weiche Stelle in der Buchheit´schen Absperrkette, hier muß man ansetzen. Wenn das illegal war klappt der ganze PSI zusammen.
Die Frage, ob Griechenland illegalerweise in unseren Depots herumgefingert hat ist da meiner Meinung nach zweitrangig, wenn auch nicht unwichtig.
Wenn Clearstream hier mit der Bank of Greece paktiert haben sollte - wovon mal auszugehen ist - dann ist das eine Sauerei, die aufgeklärt gehört. Das ganze fiduziarische Verwahrmodell gehört hinsichtlich Anlegerschutz auf den Prüfstand gestellt, denn einen wirklichen Anlegerschutz gibt es darin nicht.
 
Illegale Ausbuchung ja oder nein - letztendlich läuft es auf schuldrechtliche Zahlungsverpflichtungen hinaus.
Und alles hängt am Türöffner "nachträgliche CAC-Einführung in die ALB".
 
Die hektische und ganz schnell beschlossene generelle Einführung von CAC in die ALB neuer Anleihen deutet stark darauf hin, daß genau diese nachträgliche "Reparatur" als rechtlich problematisch angesehen wird - denn wenn ein Souverän jederzeit solche schuldrechtlichen Verträge problemlos aufgrund seiner hoheitlichen Gewalt ändern kann bräuchte man die CACs in den ALB ja nicht und könnte weiterhin den Schein wahren.
 
An der weichen Stelle muß man somit anfangen zu bohren.
 
Das ist meine persönliche Meinung nach doch recht intensiver Beschäftigung mit der Materie.

5 Kommentare:

  1. Auch sehen die zur Bewältigung von Zahlungsschwächen bei Staaten, die Anleiheschuldner sind, auf internationaler Ebene gefassten Beschlüsse keine Erstreckung von Mehrheitsklauseln ipso iure auf bereits laufende Schuldverschreibungen vor. Mit dem SchVG 2009 entsprach der Gesetzgeber den Empfehlungen einer von den G 10 eingesetzten Arbeitsgruppe („Report of the G 10 Working Group on Contractual Clauses“) vom September 2002 zur Aufnahme von Umschuldungsklauseln in die Anleihebedingungen von Schwellenländern („collective action clauses“, CAC, vgl. Schneider in Baums/Cahn, Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, 2004, S.71), zurückgehend auf einen Bericht der Rechtsabteilung des IWF zur internationalen Verwendung solcher Klauseln (wie vor, S. 72). In diesem war hervorgehoben worden, dass es zweifelhaft sei, ob das deutsche Recht, wohl das AGB-Recht, geeignete Strukturierungsmaßnahmen durch Mehrheitsklauseln zulassen würde. Der sog. Rey-Report (hier zitiert nach Rechtsgutachten A S. 28) hatte sogar das Problem der Altbestände gesehen, war aber davon ausgegangen, dass hier allenfalls die Möglichkeit eines Umtauschs gegen solche Anleihen zu erwägen wäre, die dem Mehrheitsprinzip unterworfen sind.

    Gericht: OLG Frankfurt 5. Zivilsenat
    Entscheidungsdatum: 27.03.2012
    Aktenzeichen: 5 AktG 3/11
    Dokumenttyp:

    Keine Anwendbarkeit des SchVG 2009 auf Inhaberschuldverschreibungen einer ausländischen Emittentin, die vor dem 5.8.2009 ausgegeben wurden Beschluss

    http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/gf4/page/bslaredaprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE209562012%3Ajuris-r01&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1

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  2. http://www.clearstream.com/ci/dispatch/en/cicbinary/CICDownloads/Clearstream/Market_Reference/ICSD/Greece/greecepsifaq.pdf/greecepsifaq.pdf?yawlang=en

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  3. Zur Erinnerung:

    TEXT-S&P:Greece retroactive CAC would constitute selective default

    Fri Feb 10, 2012 2:58pm EST

    Feb 10 - Standard & Poor's Ratings Services said today that under its ratings criteria, application of retroactive "Collective Action Clauses" (CACs) affecting the timing or amount of debt service payments on outstanding Greek-law governed sovereign debt would constitute a selective default.

    S&P und andere haben in den Retro-CAC´s ein selektives Kreditereignis gesehen, bezogen auf die Anleihen nach Greek Law.
    Damit wären diese Bonds sofort rückzahlbar gewesen, d.h. ein sofortiger Zahlungsanspruch der Bondholder gegenüber dem Griechischen Staat.
    Die Frage ist ob die deutschen Gerichte diesen selektiven Default bejahen? Wenn ja ist die Frage ob sie die nachträgliche Einführung der CAC als legal ansehen? Wenn ja stellt sich die Frage ob sie für diejenigen Bondholder, welche die Umschuldung abgelehnt haben, aufgrund der Default-Thematik weiterhin einen Zahlungsanspruch gegenüber dem Griechischen Staat bejahen?

    (Aldy)

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    1. © Ioannis Glinavos 2012 i.glinavos@reading.ac.uk investors v greece_4.odt

      Collective Action Clauses
      It appears that CACs do not provide adequate protection for sovereign debtors in the context of
      BITs. On the surface, CACs would appear to prevent holdouts of sovereign bonds and vulture funds
      from filing claims under BITs. Yet even if the bondholders of a particular issuance voted against
      litigation through a minority clause or agreed to the terms of a restructuring under a majority clause,
      such actions under a CAC would not prevent an investor from filing an arbitral claim. According to
      Waibel (2007), CACs cover contractual rights of enforcement and are not designed to deal with
      treaty claims. Thus even if a CAC was activated, holdout bondholders could file a treaty claim
      arguing that the terms of a treaty have been violated (Waibel, 2007:715). The prima facie limited
      coverage of CACs—their questionable ability to include investment treaty arbitration—opens up a
      new window of opportunity for holdout litigation. The importance of this potential loophole for
      sovereign debt markets cannot be overemphasized if a BIT, like the Greece-Germany one, defines
      investment in terms broad enough to include purchasers of sovereign bonds. If ICSID tribunals
      hear treaty claims concerning sovereign bonds despite the legitimate exercise of CACs, then such
      clauses would become ineffective in binding non-participating creditors. If CACs were to leave
      treaty claims untouched, then they would bar only contractual causes of action originating in the
      bond contract. Bondholders might be able to obtain compensation even though the contractually
      prescribed majority of bondholders accepted the sovereign debt restructuring. Recourse to ICSID
      arbitration could thus create a legal gap in the international community’s collective action policy
      (Waibel, 2007:736) with the result that investors suffering losses due to the Greek 'haircut' will
      spend a decade pursuing claims in Arbitral tribunals, pretty much like their Italian counterparts in
      the case of Argentina.
      S 10/11

      hier nochmal Klartext:


      Even if a bond issuance with a CAC has had a bondholders’ meeting whereby a supermajority has agreed to accept the restructuring and f there was no minimum enforcement vote of 25 percent of bondholders to litigate, under anumbrella clause holdouts may still be able to resort to investor-state arbitration.

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  4. Ich kann hier Lee Buchheits argumentation nicht folgen.

    Man muss hier denke 2 Fälle unterscheiden.

    Fall 1: Die internationalen Bonds bei denen CACs bestanden haben. Hier gab es Bonderholdermeeting welche angenommen und andere die abgelehnt wurden. Beides rechtlich einwandfrei und auch kein Event of Default.

    Fall 2: Nächträgliche Einführung von Vertragsänderungen. Dies stellt meines Erachtens einen Event of Default da. Zumal es ja in den Anleihebedingungen auch so definiert ist.

    Event of Default....gemäß Definition der Greek law Bonds...

    If any of the following events occurs:
    d) any goverment order, decree or enactment shall be made whereby the Republic is prevented from observing and performing in full its obligations contained in the Bonds.

    Kann mich hier mal jemand aufklären?

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