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Samstag, 26. Oktober 2013

Ein Lehrstück über wissenschaftliche Artikel, Gutachten und wessen Interessen ich vertrete.....Wenn ich mich recht erinnere war Homburger in Zürich für Argentinien respective Provinz Buenos Aires tätig....

Rechtsanwälte streiten über Verjährungsfrist

Erhitzte Gemüter bei Retrozessionen

Wirtschaftsnachrichten 
Bei der Herausgabe von Retrozessionen an Kunden mit Vermögensverwaltungsmandaten geht es um hohe Summen. Rechtsexperten streiten scharf über die Frage, wann der Anspruch der Kunden verjährt.

Michael Ferber
Das Thema Retrozessionen sorgt nicht nur bei Banken und Konsumentenschützern, sondern auch in der Wissenschaft für erhitzte Gemüter. Die Diskussion entzündet sich an Artikeln in juristischen Publikationen, bei denen es um die Verjährungsfrist für die Pflicht zur Erstattung von Retrozessionen geht. Das Bundesgericht hatte Ende Oktober 2012 entschieden, dass Banken und Finanzintermediäre Provisionen, die sie beim Verkauf von Finanzprodukten von den Anbietern bekommen haben, an Kunden mit Vermögensverwaltungsmandaten herausgeben müssen. Dabei könnten die Summen in die Milliarden gehen, wenn sie rückwirkend über die Jahre hinweg addiert werden. Rechtsexperten streiten über die Frage, wann der Anspruch der Kunden verjährt – nach fünf oder zehn Jahren. Das Bundesgericht hat diese Frage bisher offengelassen.
Jean-Marc Schaller, Rechtsanwalt für Bankenrecht und Privatdozent an der Universität Zürich, weist auf Anfrage auf einen in diesem Jahr in der juristischen Zeitschrift «GesKR» erschienenen Artikel hin. Dieser Beitrag namens «Verjährung des Anspruchs auf Herausgabe von Bestandespflegekommissionen» der bei der Kanzlei Homburger tätigen Rechtsanwälte Flavio Romerio und Claudio Bazzani kommt zum Schluss, dass der Anspruch des Kunden auf Herausgabe von Retrozessionen als periodische Leistung im Sinne von Art. 128 Ziff. 1 Obligationenrecht (OR) zu qualifizieren sei und daher bereits nach fünf Jahren verjähre. Für Banken wäre dies natürlich viel besser als eine zehnjährige Frist.
In dem «GesKR»-Beitrag werden die Verbindungen von Romerio zur Grossbank UBS jedoch nicht offengelegt. Diese Vorgehensweise erscheine nicht unproblematisch, da mit einem wissenschaftlichen Beitrag in einer juristischen Fachzeitschrift der Anschein der Objektivität erweckt werde, sagt Schaller. Romerio ist mit UBS-Verwaltungsrätin Isabelle Romy verheiratet. Aus Schallers Sicht erscheint ausserdem die Auffassung der Fünf-Jahre-Frist objektiv den Umständen nicht angemessen, wenn man etwa den Zweck und Ausnahmecharakter der verkürzten Verjährung betrachte. Zudem werde in der bisherigen Diskussion ausgeblendet, dass ein Anspruch, selbst wenn er verjährt sein sollte, nicht erlösche, sondern nach wie vor bestehe.
Gemäss Romerio und Bazzani ist dieser Auffassung auch deshalb nicht zu folgen, weil sie – in Verbindung mit dem Argument, dass der Herausgabeanspruch erst bei Kündigung fällig wird – zu einer vom Gesetzgeber kaum gewollten Ausdehnung der Verjährung des auftragsrechtlichen Herausgabeanspruchs führen würde. Kunden bzw. deren Erben könnten die Herausgabe von Retrozessionen verlangen, welche eine Bank vor Jahrzehnten erhalten hat. Wie Romerio auf Anfrage sagte, ist auch zu beachten, dass einige Rechtsanwälte, die seinen Beitrag kritisierten, die Interessen von Kunden vertreten und diese in die Medien tragen wollen. Er vertrete in dieser Frage der Verjährungsfrist niemanden und betreue selbst in dieser Frage auch keine Mandate von Banken. Ihn habe die Frage einfach akademisch interessiert. Teilen der anderen Seite gingen anscheinend die sachlichen Argumente aus, weshalb sie auf seine Person schössen.
Für Diskussionen unter Juristen sorgt ausserdem der Aufsatz «La prescription de la créance en restitution des commissions d'état après l'ATF 138 III 755» von Pascal Pichonnaz, Franz Werro und Béatrice Hurni, der in diesem Jahr in der Zeitschrift «Aktuelle Juristische Praxis» erschienen ist. Dieser Artikel gibt in Teilen ein Gutachten wieder, das Pichonnaz und Werro, beide Professoren an der Universität Freiburg i. Ü., für die UBS erstellt haben. Dies ist in der Zeitschrift auch klar ausgewiesen.
Monika Roth, Advokatin und Professorin an der Hochschule Luzern, kritisiert indessen, vollzeitbeschäftigte Universitätsprofessoren müssten sich überlegen, zu welchen Fragen sie sich äussern wollten. Schliesslich gehe es um ein vorgezogenes Parteigutachten in Gestalt eines wissenschaftlichen Beitrags im Hinblick auf einen absehbaren Gerichtsprozess. Es könne sein, dass am Ende das Bundesgericht über die Frage der Verjährungsfrist entscheiden müsse. Aus Bankensicht sei ein solcher Artikel eine mögliche Strategie. Wenn aber die Wissenschaft dazu Hand biete, so verliere sie ihre akademische Integrität.
Pichonnaz sagte auf Anfrage dazu, das Gutachten und der Artikel seien unparteiisch, viele seiner Kollegen kämen zu denselben Schlüssen. Er hätte genau dasselbe geschrieben, wenn er nicht von der UBS zur Erstellung des Gutachtens aufgefordert worden wäre. Als stellvertretender Präsident der Eidgenössischen Kommission für Konsumentenfragen versuche er auch die Interessen von Konsumenten zu berücksichtigen. In der Sache der Verjährung sei aber die Frage vor allem technischer Natur.

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