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Sonntag, 20. Oktober 2013

Nach europäischem Prozessrecht kann der EuGH Handlungen der EZB, d.h. deren Verordnungen oder Beschlüsse, für nichtig erklären, wenn sie gegen europäisches Recht verstoßen. Unmittelbares Ziel muss also sein, eine bestimmte Handlung der EZB für nichtig zu erklären. Eine solche Handlung kann sein ein Beschluss über den Ankauf von Staatsanleihen.

Hier einige Informationen als Frage und Antwort:

Was ist das Ziel einer Klage gegen die EZB?

Nach europäischem Prozessrecht kann der EuGH Handlungen der EZB, d.h. deren Verordnungen
oder Beschlüsse, für nichtig erklären, wenn sie gegen europäisches Recht verstoßen.
Unmittelbares Ziel muss also sein, eine bestimmte Handlung der EZB für nichtig zu erklären.
Eine solche Handlung kann sein ein Beschluss über den Ankauf von Staatsanleihen. Eine solche
Handlung kann sein ein Beschluss über den Leitzins. Jede einzelne Handlung, die angegriffen
werden soll, muss genau bestimmt sein.

Mittelbares Ziel einer Klage gegen die EZB können ganz andere Dinge sein. Letztlich entscheidet
das jeder einzelne für sich, welche Ziele diese Klagen mittelbar für ihn haben sollen.
Es sind vielfältige und unterschiedliche Ziele denkbar.
Denkbar ist, dass bestimmte einzelne geldpolitische Maßnahmen, die als politisch oder volkswirtschaftlich
falsch angesehen werden, über den Weg einer Klage verhindert werden.
Denkbar ist, dass der Deutschen Bundesbank durch eine solche Klage Unterstützung bei ihrem
Bemühen innerhalb der EZB um eine stabilitätsorientierte Politik gegeben wird.
Denkbar ist, dass die EZB durch diese Klagen an die Grenzen ihrer Befugnisse erinnert und
gezwungen wird, sich innerhalb dieser Grenzen zu bewegen.
Denkbar ist schließlich auch, wie ich es in meinem Beitrag hervorgehoben habe, dass die EZB zu
rechtmäßigem Verhalten innerhalb ihres Mandates gezwungen wird und damit das Vertrauen der
Bürger in Demokratie und Rechtsstaat gestärkt, erhalten oder wieder hergestellt werden kann, ein
Vertrauen, das für unser politisches System unabdingbar ist und für die rechtlichen und wirtschaftlichen
Dispositionen jedes einzelnen notwendige Voraussetzung bleibt.
Daneben steht die Möglichkeit, wie beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf eine einstweilige
Anordnung zu stellen. Dabei geht es darum, dass bis zur Entscheidung in der Hauptsache,
die naturgemäß in einem geordneten gerichtlichen Verfahren einige Zeit in Anspruch nimmt, eine
vorläufige Regelung durch das Gericht getroffen wird. Es ist vorgesehen, auch einen solchen Antrag
zu stellen.
Welche Rechtsverletzungen können vor den europäischen Gerichten gerügt werden?
Diese Frage ist in Artikel 263 AEUV (ex-Artikel 230 EGV) geregelt, in dem es heißt:
Der Gerichtshof der Europäischen Union überwacht die Rechtmäßigkeit der ...Handlungen ...der
Europäischen Zentralbank....
Zu diesem Zweck ist der Gerichtshof der Europäischen Union für Klagen zuständig, die ein
Mitgliedstaat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission wegen Unzuständigkeit,
Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung der Verträge oder einer bei seiner
Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs erhebt.
Überschreitet die EZB etwa durch Übernahme der Staatsfinanzierung ihr Mandat, so wäre
Unzuständigkeit und Verletzung der Verträge zu rügen.
Diese Frage ist auch in Artikel 263 AEUV (ex-Artikel 230 EGV) geregelt, in dem es heißt:
Der Gerichtshof der Europäischen Union überwacht die Rechtmäßigkeit der ...Handlungen ...der
Europäischen Zentralbank....
Jede natürliche oder juristische Person kann unter den Bedingungen nach den Absätzen 1
und 2 gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden
Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen
und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben.
Bereits die EU-Verträge sehen also auch Klagen von natürlichen oder juristischen Personen vor,
allerdings unter bestimmten engeren Voraussetzungen.
Es muss also behauptet und dargetan werden, dass die natürliche oder juristische Person durch diese
Handlung unmittelbar und individuell - in ihren Rechten - negativ betroffen ist.
Dieses Erfordernis führt uns insbesondere zu den Grundrechten.
Kennt das Recht der Europäischen Union Grundrechte?
Im Recht der Europäischen Union werden auch Grundrechte gewährleistet. Dort gibt es drei
Ebenen.
Seit dem Vertrag von Lissabon ist eine eigene CHARTA DER GRUNDRECHTE DER
EUROPÄISCHEN UNION in Kraft.
In deren Präambel heißt es:
Die Völker Europas sind entschlossen, auf der Grundlage gemeinsamer Werte eine friedliche
Zukunft zu teilen, indem sie sich zu einer immer engeren Union verbinden.
In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die
unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der
Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie stellt
den Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns, indem sie die Unionsbürgerschaft und einen
Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts begründet.
Ausdrücklich kennt diese CHARTA das Grundrecht der GLEICHHEIT:
Artikel 20 Gleichheit vor dem Gesetz
Alle Personen sind vor dem Gesetz gleich.
Ausdrücklich kennt diese CHARTA JUSTIZIELLE RECHTE:
Artikel 47 Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht
Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden
sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem
Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.
Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und
zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb
angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten
lassen.
Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit
diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.
Wer kann klagen, wer ist klagebefugt?
Was ist nun unter dem Grundrecht der GLEICHHEIT nach dieser CHARTA zu verstehen? Dazu
findet sich in der Charta selbst eine Regelung.
Artikel 52 Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze
(1) Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten
muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter
Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen
werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl
dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer
tatsächlich entsprechen.
(2) Die Ausübung der durch diese Charta anerkannten Rechte, die in den Verträgen geregelt sind,
erfolgt im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Bedingungen und Grenzen.
(3) Soweit diese Charta Rechte enthält, die den durch die Europäische Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten garantierten Rechten entsprechen, haben sie die gleiche
Bedeutung und Tragweite, wie sie ihnen in der genannten Konvention verliehen wird. Diese
Bestimmung steht dem nicht entgegen, dass das Recht der Union einen weiter gehenden Schutz
gewährt.
(4) Soweit in dieser Charta Grundrechte anerkannt werden, wie sie sich aus den gemeinsamen
Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, werden sie im Einklang mit diesen
Überlieferungen ausgelegt.
Danach ist davon auszugehen, dass der Grundsatz der Besteuerungsgleichheit Bestandteil des
Grundrechts der Gleichheit der CHARTA ist.
Neben der CHARTA DER GRUNDRECHTE DER EUROPÄISCHEN UNION gibt es die
Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der die europäische
Union ebenfalls beigetreten ist und deren dort garantierte Rechte auch die EZB als geltendes Recht
binden. Dies ist die zweite Ebene des Grundrechtsschutzes in der Europäischen Union.
Die dritte Ebene das Grundrechtsschutzes in der Europäischen Union ergibt sich schließlich daraus,
dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes alle Rechte, die die europäische
Union wahrnimmt, darauf beruhen, dass die einzelnen Mitgliedstaaten, für uns die Bundesrepublik
Deutschland, Teile ihrer Rechte, ihrer Souveränität, auf die europäische Union übertragen hat. Diese
Übertragung der Rechte von Deutschland auf die EU, so das Bundesverfassungsgericht, ist aber nur
insoweit erfolgt, als der durch die Grundrechte des deutschen Grundgesetzes gewährte Schutz jedes
einzelnen dann auch auf der Ebene der EU sichergestellt ist.
Was bedeutet diese so genannte „solange- Rechtsprechung“ des Bundesverfassungsgerichts? Wird
ein Grundrecht, hier insbesondere das Grundrecht auf Besteuerungsgleichheit, d.h. der Gleichbehandlung
von Geldeigentümern und Sachwerteigentümern, auf europäischer Ebene durch
europäische Institutionen verletzt und gewähren europäische Institutionen, der europäische
Gerichtshof, keinen oder keinen effektiven Rechtsschutz, dann kann jedermann wegen der
Verletzung seines Grundrechtes aus dem deutschen Grundgesetz auch vor dem Bundesverfassungsgericht
Schutz gegen eine Beeinträchtigung seiner Rechte durch eine europäische Institution, hier
die EZB, suchen.
Aus vorstehenden Ausführungen ergibt sich aber auch, dass zuerst vor den Europäischen Gerichten
Klage zu erheben ist. Nur wenn die Europäischen Gerichte eine solche Klage etwa wegen fehlender
Unmittelbarkeit der Beeinträchtigung der Rechte als unzulässig zurückweisen sollte, wäre der Weg
für eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht eröffnet.
Zuerst einmal zu den Kosten. Zu unterscheiden sind die Kosten für den eigenen Anwalt, Gerichtsgebühren
und schließlich Kosten für einen Anwalt der Gegenseite. Gerichtsgebühren gibt es weder
beim Europäischen Gerichtshof noch beim Bundesverfassungsgericht. Die Kosten für den eigenen
Anwalt, hier für unsere Kanzlei, werden verbindlich durch eine Honorarvereinbarung geregelt. Je
mehr Kläger sich beteiligen, desto geringer können Sie für jeden einzelnen Kläger ausfallen. In der
Regel müssen die Kosten für den Anwalt der Gegenseite nicht von den Klägern getragen werden.
Ausnahmsweise kann der europäische Gerichtshof im Fall des Unterliegens den Klägern
angemessene Kosten für den Anwalt der Gegenseite auferlegen. Als Bestandteil der Honorarvereinbarung
werden alle Kläger von diesen möglichen Kosten freigestellt. Das Risiko trägt die
Kanzlei in der Hoffnung, dass auf das Unterstützerkonto ausreichend Mittel eingezahlt werden oder
dass ein Verein oder einige Privatpersonen dieses Kostenrisiko mit übernehmen.
An der Klage kann man sich als Kläger, vertreten durch unsere Kanzlei, oder als Unterstützer
beteiligen.
Das politische Signal ist jedoch umso mächtiger, je mehr Menschen sich an dieser Klage beteiligen.
Zum Schluss eine exklusive Information, die ich noch nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben
habe und die ich bitte, vorerst nur in unserem Kreise zu verbreiten:
Unter den deutschen Europarechtlern ist unsere Kanzlei die erste und einzige, die bisher die
Möglichkeit der Klage auch von Privatpersonen und Unternehmen vor dem Europäischen
Gerichtshof gegen die Politik der EZB öffentlich vertreten hat.
Eine Gruppe von italienischen Privatinvestoren in griechische Staatsanleihen hat unter Begleitung
durch eine angesehene italienische Wirtschaftskanzlei eine erste Klage vor dem Europäischen
Gerichtshof gegen eine bestimmte Maßnahme der Europäischen Zentralbank im Zusammenhang
mit der Umschuldung griechischer Anleihen eingereicht. Ziel dieser Klage ist es, die
Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch dieser italienischen Privatinvestoren gegen die
europäische Zentralbank wegen Schäden, die diese Investoren bei der Umschuldung griechischer
Anleihen erlitten haben, vorzubereiten.
Das Klageziel dieser italienischen Kläger ist nicht unser Klageziel. Mit Respekt ist jedoch festzustellen,
dass gute italienische Kollegen wie wir erkannt haben, dass eine solche Klage zulässig
sein muss. Ob der konkret mit dieser Klage angegriffene Beschluss der EZB europäisches Recht
verletzt, wird der EuGH zu klären haben.
Für uns ist die Botschaft jedoch wichtig: Werden Rechte von Bürgern durch die EZB verletzt, dann
ist selbstverständlich eine Klage möglich. Wer seine Rechte also verletzt sieht, sollte auch den Mut
haben, vor dem EuGH zu klagen.
Ich denke, wir sollten das Klagen nicht den Italienern überlassen, die auf diesem Wege ihre Schäden
im Zusammenhang mit der Umschulung Griechenlands durch die EZB ersetzt haben wollen.
Ihr
Prof. Dr. Hans-Walter Forkel
Rechtsanwalt

http://www.freies-europa.eu/wp-content/uploads/2012/09/12-09-10-HWF-Q+A.pdf

http://www.freies-europa.eu/?p=600

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