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Freitag, 15. November 2013

Der AIA in Liechtenstein Ein Signal für die Schweiz

Der AIA in Liechtenstein

Ein Signal für die Schweiz

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Ermes Gallarotti
In Steuerfragen ist Liechtenstein so etwas wie ein vorlaufender Indikator – was im Fürstentum Form annimmt, wird meist früher oder später auch in der Schweiz zum Standard. Wenn also Liechtenstein noch in diesem Monat die Konvention der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen unterzeichnet, sich damit zum automatischen Informationsaustausch (AIA) als globalem Standard bekennt und zudem entsprechende Vereinbarungen mit Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, Italien und Spanien ausarbeiten will, dann müsste nach dieser Logik auch die Schweiz mit ähnlichen Schritten folgen. Zwar will auch der Bundesrat aktiv an der Ausarbeitung eines globalen AIA-Standards mitwirken, und er hat vor kurzem auch schon die OECD-Konvention unterschrieben. Aber mit dem expliziten Willen, mit Nachbarländern in entsprechende Verhandlungen einzutreten, tut sich die Schweizer Regierung noch schwer. Insofern ist das Fürstentum der Schweiz einen Schritt voraus, auch wenn materiell die Positionen nicht allzu stark divergieren.

Ein stärkerer Leidensdruck

In einer wohlwollenden Interpretation könnte man zum Schluss kommen, dass der Finanzplatz Liechtenstein agiler ist, unumkehrbare Entwicklungen rascher wahrnimmt und sie schneller umsetzt als die Schweizer Konkurrenz. In einer weniger wohlwollenden Interpretation liesse sich die kurze Reaktionszeit mit dem stärkeren Leidensdruck des Finanzplatzes Liechtenstein erklären. Für beide Interpretationen lassen sich überzeugende Argumente finden.
Für die grössere Agilität des Liechtensteiner Finanzplatzes spricht zunächst die überschaubare Zahl an Akteuren. Im Fürstentum sind gerade 17 Banken lizenziert, die Vermögen von rund 120 Milliarden Franken verwalten. Angesichts des kleinen Heimmarkts ist das grenzüberschreitende Geschäft mit wohlhabenden Kunden von primordialer Bedeutung. Das wiederum schlägt sich in homogenen Geschäftsmodellen nieder, die zu einer Synchronisierung der Interessen führen. Es versteht sich von selbst, dass diese Rahmenbedingungen, gepaart mit kurzen Verbindungswegen zu den Branchenverbänden und zu den politischen Institutionen, ein zügiges Tempo erlauben. Denn Entscheidungen lassen sich, wenn die Zeit drängt, binnen Tagen und Wochen herbeiführen. Anders sind die Verhältnisse in der Schweiz. In einem Kreis unterschiedlichster Bankengruppen mit heterogenen Geschäftsmodellen und Interessen ist die Suche nach einem Konsens ungleich schwieriger, und in den meisten aller Fälle einigt man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Nicht zu vergessen ist, dass Liechtenstein Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums ist. Von dieser Seite ist der Druck grösser, Entwicklungen nachzuvollziehen, die sich in der EU abzeichnen.
Exemplarisch für die beherzte liechtensteinische Gangart ist das 2009 mit Grossbritannien abgeschlossene Abkommen über den Informationsaustausch bei Steuerfragen. Damals verpflichtete sich Liechtenstein, ab 2015 nur noch britische Kunden zu akzeptieren, die nachweisen können, dass sie sämtlichen steuerlichen Pflichten in Grossbritannien nachgekommen sind. Im Gegenzug erhielten britische Kunden liechtensteinischer Finanzintermediäre die Möglichkeit, ihre unversteuerten Offshore-Gelder entweder bis 2015 über Selbstdeklarationen zu günstigen Konditionen zu regularisieren oder von Liechtenstein abzuziehen.
Zu jener Zeit versuchte die Schweiz noch, den Nachbarländern die Abgeltungssteuer schmackhaft zu machen. Mit Grossbritannien kam zwar ein Abkommen zustande, aber der in Sachen Steuerkooperation weiterreichende Liechtensteiner Vertrag mit dem Königreich trug wesentlich dazu bei, dass sich der Erfolg der Schweizer Lösung in engen Grenzen hielt. Britische Kunden von Schweizer Banken zogen es vor, ihre undeklarierten Gelder zu liechtensteinischen Banken zu transferieren, um dort von einfacheren und vorteilhafteren Offenlegungsregeln zu profitieren.

Am Kurs festhalten

Alles in allem ist die jüngste Regierungserklärung für die Liechtensteiner Banken ein weiterer, wenig überraschender Schritt auf dem Weg zu einem von allen Altlasten befreiten Finanzplatz. Bereits im vergangenen August hatten die Banken die Sorgfaltspflichten verschärft, im Bestreben, unversteuerte Vermögenswerte vom Finanzplatz Liechtenstein fernzuhalten. Wer so stark vom grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsgeschäft mit potenten Nachbarn abhängig ist, darf nicht vom Kurs abkommen.

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