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Samstag, 22. März 2014

In seinem Urteil vom 26.1.2012 (Az. 30 O 63/11, BB 2012, 1821) hatte sich mit dem LG Köln daher erstmals ein deutsches Gericht mit der Frage zu befassen, ob dem Inhaber einer Unternehmensanleihe, hier in Form einer Hypothekenanleihe, ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht, wenn die Emittentin den Anlegern offen mit der Insolvenz des eigenen Unternehmens droht, um so eine Änderung der Anleihebedingungen in der Restrukturierungsphase zu erreichen. Das Gericht bejahte das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 314 Abs. 1 BGB zutreffend unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH zur drohenden Zahlungsunfähigkeit eines Darlehensnehmers (BGH v. 10.3.2009 - XI ZR 492/07) und machte dabei deutlich, dass es für das Vorliegen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes zudem nicht darauf ankommt, ob dem Emittenten tatsächlich unmittelbar die Zahlungsunfähigkeit droht.

Anlegerschutz

Die außerordentliche Kündigung einer Un-ternehmensanleihe aus wichtigem Grund

Als Instrument der bankunabhängigen Fremdkapitalbeschaffung hat sich das Marktvolumen von Unternehmensanleihen für kleinere und mittelständische Unternehmen in den letzten fünfzehn Jahren mehr als verdoppelt, da gerade in finanziell schwierigen Zeiten der Unternehmen Banken vor dem Hintergrund gestiegener Eigenkapitalanforderungen zunehmend nicht mehr zur Unternehmensfinanzierung im klassischen Sinne bereit sind. Das Unternehmensrisiko wird hierdurch zunehmend auf private wie institutionelle Anleger verlagert.

In seinem Urteil vom 26.1.2012 (Az. 30 O 63/11, BB 2012, 1821)  hatte sich mit dem LG Köln daher erstmals ein deutsches Gericht mit der Frage zu befassen, ob dem Inhaber einer Unternehmensanleihe, hier in Form einer Hypothekenanleihe, ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht, wenn die Emittentin den Anlegern offen mit der Insolvenz des eigenen Unternehmens droht, um so eine Änderung der Anleihebedingungen in der Restrukturierungsphase zu erreichen. Das Gericht bejahte das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 314 Abs. 1 BGB zutreffend unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH zur drohenden Zahlungsunfähigkeit eines Darlehensnehmers (BGH v. 10.3.2009 - XI ZR 492/07) und machte dabei deutlich, dass es für das Vorliegen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes zudem nicht darauf ankommt, ob dem Emittenten tatsächlich unmittelbar die Zahlungsunfähigkeit droht.

Zum Sachverhalt des Urteils des LG Köln

Im zu entscheidenden Fall - welcher nunmehr dem OLG Köln vorgelegt wurde - erwarb der Kläger im Jahre 2006 eine Hypothekenanleihe mit zehnjähriger Laufzeit und einer Verzinsung von anfangs 6 % p.a. Nach dem Eintritt finanzieller Schwierigkeiten erstrebte die Emittentin als Sanierungs- und Restrukturierungsbeitrag von den Anlegern die Zustimmung zur Reduzierung der Anleihezinsen auf lediglich 1 %, sowie die Reduzierung des Nennwertes von 60 auf 40 %. Dabei wies die Emittentin darauf hin, dass die Stellung eines Insolvenzantrages unausweichlich sei, wenn die Gläubiger den vorgeschlagenen Reduzierungen nicht zustimmen sollten. Im Rahmen des Klageverfahrens machte die Emittentin sodann geltend, eine wesentliche Verschlechterung der Vermögensverhältnisse oder eine Überschuldung liege nicht vor, sei jedenfalls aber bereits vor der Emission der Anleihen bekannt gewesen.
Anwendbarkeit der Grundsätze zur außerordentlichen Kündigung eines Darlehens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit der Emittentin
Zutreffend geht das LG Köln zunächst von der Anwendbarkeit des Rechts zur außerordentlichen Kündigung der Anleihe nach § 313 Abs. 1 BGB aus.
Zwar wird in der Literatur vereinzelt angezweifelt, ob Anleihen überhaupt als Dauerschuldverhältnisse angesehen werden können. Aufgrund der Tatsache aber, dass der Anleger während der Vertragslaufzeit grundsätzlich zur Belassung des Kapitals und der Emittent zur Zahlung von Anleihezinsen verpflichtet ist, ist dies zu bejahen. Ebenfalls unzutreffend wird die Auffassung vertreten, der Gläubiger bedürfe des unabdingbaren Rechts zu außerordentlichen Kündigung nach § 314 BGB bereits deswegen nicht, weil er die Anleihe jederzeit frei veräußern könne und die Unzumutbarkeit eines Festhaltens am Vertrag damit jedenfalls entfalle. Dieser Einwand jedoch betrifft zum einen allein das Vorliegen eines Kündigungsgrundes im Einzelfall und kann damit schon nicht der Anwendbarkeit des § 314 BGB dem Grunde nach entgegenstehen. Zum anderen bliebe dabei unberücksichtigt, ob diese Möglichkeit dem Gläubiger überhaupt rechtlich und faktisch möglich ist. Vereinzelt wird zudem argumentiert, die Anwendbarkeit des § 314 BGB ermögliche eine Aushebelung des Gesetzeszwecks des Schuldverschreibungsgesetzes (SchVG), da dieses angeblich darauf ausgelegt sei, finanziell angeschlagenen Unternehmen die Möglichkeit der Sanierung auf Kosten der Anleihegläubiger zu ermöglichen (vgl. Trautrims, BB 2012, 1821 ff.). Dieser angebliche Zweck lässt sich jedoch der Begründung zum SchVG weder in seiner Fassung aus dem Jahre 1899, noch in seiner Fassung aus dem Jahre 2009 entnehmen. Gegenstand sind vielmehr die Rechte der Gläubiger und wie diese zur Sanierung oder im Falle der Insolvenz durch Mehrheitsentscheidung auf die verbrieften Rechte einwirken können (vgl. Begr. RegE zum SchVG 2009, BT-Drucks. 16/12814, 13). Geregelt wird damit, welche Rechte den Anlegern zustehen, deren bereits gezeichnete Anleihen von der Schieflage der Emittentin betroffen sind, und nicht, welche Möglichkeiten einem Unternehmen offen stehen, sich über die Ausgabe von Anleihen durch die Anleihegläubiger zu sanieren.  
Das Recht zur außerordentlichen Kündigung steht dem Anleger richtigerweise auch nicht erst dann offen, wenn die Überschuldung der Emittentin bereits festgestellt ist. Vielmehr ist dem Gläubiger die Kündigung, welche diesen eben gerade vor einem Gesamtausfall in der Insolvenz der Emittentin schützen soll, nach den vom BGH zum Darlehensvertrag entwickelten Grundsätzen bereits dann möglich, wenn sich die Vermögensverschlechterung für die Anleiheschuldnerin sichtbar abzeichnet (BGH v. 10.3.2009 - XI ZR 492/07). Ein Zuwarten auf die tatsächlich festgestellte Zahlungsunfähigkeit würde das Kündigungsrecht im Ergebnis hingegen vollständig leer laufen lassen. Es kann daher, wie auch das LG Köln zutreffend betont, nicht darauf ankommen, ob die Anleihegläubigerin tatsächlich überschuldet ist oder nicht. Die Grundsätze des BGH zur Darlehenskündigung im Falle der finanziellen Schieflage des Darlehensnehmers sind bereits aufgrund der vergleichbaren Grundkonstellation übertragbar. Auch bei einer Anleihe stellt der Anleger der Emittentin für einen vorher bestimmten Zeitraum Kapital zur Verfügung, um hierfür ein zeitabhängiges Entgelt zu erhalten. In beiden Fällen ist der Gläubiger gegenüber seinem Schuldner in dessen Krise gleich schutzwürdig.    
Fazit
Die richtige Entscheidung des LG Köln steht in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH zur Schutzwürdigkeit des Kapitalgebers in der Krise seines Schuldners. Weder der Gesetzeszweck des SchVG noch die fehlende Anwendbarkeit des § 314 BGB stehen der Vergleichbarkeit zwischen dem außerordentlichen Kündigungsrecht des Darlehensgebers und dem Kündigungsrecht des Anleihegläubigers entgegen. Es bleibt daher zu hoffen, dass diese Auffassung auch vom OLG Köln entsprechend bestätigt wird.
RA Robert D. Buchmann, Rössner Rechtsanwälte, München
Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.03.2012 08:57

http://www.die-aktiengesellschaft.de/25752.htm

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