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Mittwoch, 26. November 2014

Die Renditen für Anleihen aus der Euro-Peripherie sinken auf historische Tiefstände. Doch die Preise für Kreditausfallderivate auf diese Anleihen steigen. Welcher der beiden Märkte hat recht?


Niedrige RenditenWidersprüchliche Signale am Anleihenmarkt

Die Renditen für Anleihen aus der Euro-Peripherie sinken auf historische Tiefstände. Doch die Preise für Kreditausfallderivate auf diese Anleihen steigen. Welcher der beiden Märkte hat recht?

© GETTYVergrößernPortugiesisches Finanzministerium: Die Renditen von Staatsanleihen sind im Sinkflug
In den Augen traditionell denkender Kapitalmarktteilnehmer hat von den Anleihenrenditen südeuropäischer Staaten zur Zeit allenfalls die griechische Rendite einen Sinn. Zehnjährige griechische Papiere rentierten am Dienstag mit 7,77 Prozent. Diese Zahl drückt gegenüber Anleihen der Bundesrepublik Deutschland, die das AAA-Spitzenrating genießen, einen deutlich sichtbaren Risikoaufschlag aus.
Die Differenz zwischen Bundesanleihen und Papieren aus Spanien, Italien und Portugal liegt dagegen sehr niedrig, da sich die Renditen der drei südeuropäischen Staaten auf historischen Tiefstständen befinden. Zehnjährige Anleihen aus Spanien brachten am Dienstag nur noch 1,92 Prozent, zehnjährige Papiere aus Italien 2,14 Prozent und Zehnjährige aus Portugal 2,91 Prozent.
Nach Ansicht vieler Marktteilnehmer könnten diese Renditen im kommenden Jahr noch weiter sinken, falls die Europäische Zentralbank ein Anlaufprogramm für Staatsanleihen beschließen sollte. Dies gilt in vielen Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaft als sehr wahrscheinlich.

Italien auf Rumänien-Niveau

Ein anderes Bild zeigt der Blick auf die Preisentwicklung von Kreditausfallderivaten (CDS) auf südeuropäische Staatsanleihen. Diese Papiere, die eine Art Versicherungsprämie für den Zahlungsausfall von Anleihen darstellen, spielten in den vergangenen Jahren mehrfach eine Rolle als Krisenindikator. Die Preise für Kreditausfallderivate auf Staatsanleihen aus Italien, Spanien und Portugal hatten im September mehrjährige Tiefststände erreicht.
Seitdem sind sie jedoch spürbar gestiegen, auch wenn die Preise noch weit von den Krisenniveaus früherer Jahre entfernt liegen. Im Vergleich zu anderen Staaten ist die Bewertung zum Beispiel Italiens am Markt für Kreditausfallderivate auf den ersten Blick nicht sehr beruhigend. Italien wird an diesem Markt als unsicherer bewertet als die drei baltischen Staaten. Das Preisniveau für den Italien-CDS liegt nahezu auf dem Preisniveau für Kreditausfallderivate auf Anleihen von Rumänien, Slowenien und Indonesien. Bahnt sich hier die nächste Krise an?
Infografik / Rendite  zehnjähriger  Staatsanleihen© F.A.Z.VergrößernIm Sinken: Die Renditen der Staatsanleihen im Euro-Raum werden immer kleiner
Jochen Felsenheimer, Mitglied der Geschäftsführung der deutschen Fondsgesellschaft Xaia, sieht dies derzeit noch nicht. Vielmehr erklärt er den Anstieg der Preise für die Kreditausfallderivate aus Südeuropa mit Veränderungen der Produkte, die Anfang Oktober in Kraft getreten sind. Die neuen CDS bieten einen besseren Schutz für den Fall komplizierter Umschuldungen, wie sie im Jahre 2012 in Griechenland durchgeführt worden sind.
Sicherlich ist es in den vergangenen Monaten an Anleihenmärkten der Peripherie unruhig gewesen, zum Beispiel im Zuge des Zusammenbruchs der portugiesischen Finanzgruppe Espírito Santo oder anlässlich der Schwierigkeiten der italienischen Bank Monte Paschi. Wirklich niedergeschlagen in Form dauerhaft höherer Renditen für Anleihen und Preise für Kreditausfallderivate haben sich Unsicherheiten aber nur in Griechenland.
Hinzu kommt, dass der Markt für Kreditausfallderivate keineswegs mehr so liquide ist wie in den ersten Jahren nach der Finanzkrise. Insofern stellt sich die Frage, inwieweit er heute noch eine vergleichbar gute Qualität als Frühindikator besitzt.

Analysten warten auf Kauf von Staatsanleihen

Bedenklicher als den eher technisch bedingten Anstieg der CDS-Preise für Italien, Spanien und Portugal sieht Felsenheimer die Wiederkehr vieler Wertpapiere, deren schlechte Bonität in der vergangenen Krise Sorgen bereitet hatte. Dazu zählt Felsenheimer die sogenannten „Pik Notes“. Das sind meist unbesicherte Schuldverschreibungen, bei denen ein Zins nicht in Geld gezahlt wird, sondern zum Beispiel in Aktien des die „Pik Note“ ausgebenden Unternehmens.
Infografik / Jährliche  Risikoprämie© F.A.Z.VergrößernDeutsche Staatsanleihen sind am sichersten: Die Jährliche Risikoprämien im Vergleich
Die verbreitete Annahme, dass die Renditen von Anleihen im Euroraum auch im kommenden Jahr weiter sinken werden, verbinden Analysten mit der Idee, dass angesichts eines schwachen Wirtschaftswachstums und einer sehr niedrigen Inflationsrate die EZB umfangreiche Käufe von Staatsanleihen beschließen wird. Allerdings zeigen Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten, dass dort die Renditen von Anleihen vor allem in der Zeit der Ankündigung bevorstehender Käufe durch die Notenbank gefallen sind. Darauf hat dieser Tage die Vermögensverwaltung der Deutschen Bank in einer Kapitalmarktprognose verwiesen.

Südeuropäische Käufe werden steigen

Damit nahm der Markt die künftigen Käufe vorweg. Als die Notenbank dann kaufte, hatte dies keinen großen sichtbaren Einfluss auf die Renditen mehr. Es ist durchaus denkbar, dass sich diese Erfahrung im Euroraum wiederholen würde. Die Renditen fallen heute, weil die Europäische Zentralbank deutliche Signale gibt, dass sie zu Käufen von Staatsanleihen bereit ist. Das heißt nicht, dass die Renditen im Falle von Käufen im kommenden Jahr weiter sinken werden.
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Des weiteren ist ein sehr schwaches Wirtschaftswachstum im Euroraum nicht in Stein gemeißelt. Holger Schmieding, der Chefvolkswirt von Berenberg, sieht in einem aktuellen Marktkommentar Hinweise, die auf eine Beschleunigung des Wirtschaftswachstums im Verlauf des kommenden Jahres deuten. Als Gründe nennt Schmieding unter anderem ein ordentliches Wachstum in Deutschland und in den Reformländern, die Abwertung des Euro und eine Stabilisierung des Bankensektors.
Die Suche vieler Marktteilnehmer nach auskömmlichen Renditen wird jedoch weiter gehen. Von den Renditen, die erstklassig benotete Papiere wie deutsche Bundesanleihen bieten, können viele Anleger nicht leben. Dies dürfte auch im kommenden Jahr Käufe südeuropäischer Staatsanleihen befördern. Zunehmend gefragt sind daneben Wertpapiere von mittelständischen Unternehmen, die keine Bankkredite mehr aufnehmen, sondern Schuldscheine und ähnliche Papiere für Großanleger auflegen. Diese Schuldner haben oft kein offizielles Rating, aber nicht selten eine gute Bonität.
Quelle: F.A.Z
http://www.faz.net/aktuell/finanzen/anleihen-zinsen/staatsanleihen-rendite-werden-weiter-sinken-13286205.html

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