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Mittwoch, 26. November 2014

weiteres obsiegendes Urteil vs Solarworld AG // für Unken die meinem "Geschäftsmodell" alles denbar schlechte wünschen.....insbesondere der einäugige dorfanwalt jack11 in bürogemeinschaft mit anwaltsschlampe sarah1....

ln dem Rechtsstreit

EMB Consulting GmbH vertr.d.d.GF Rolf Koch, Zur Eisernen Hand 25, 64367 Mühltal,

Klägerin

Prozessbevollmächtigte: nn

gegen

SolarWorld AG vertr.d.d.Vorstand, Martin-Luther-King-Str 24, 53175 Bonn,

Beklagte

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. Görg
Kennedyplatz 2, 50679 Köln,
Geschäftszeichen: A51819-13 00001
hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main
durch die Richterin am Landgericht Dr. N als Einzelrichterin
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2014
für Recht erkannt:
Landgericht Frankfurt am Main
Aktenzeichen: 2-04 O 181/13
Es wird gebeten, bei allen Eingaben das
vorstehende Aktenzeichen anzugeben
ZP 11 - Urschrift und Ausfertigung eines Urteils (EU_CU_00.DOT) - (11.09)2
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 28.057,51 € zu zahlen nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz und zwar aus
28.000,00 € vom 15.08.2013 bis zum 27.02.2014, aus 26.253,47 € seit dem
27.02.2014
Zug um Zug gegen Übertragung von
zwölf Teilschuldverschreibungen der Anleihe 2013/2018, die an die Stelle der
Anleihe 2010/2017 traten;
16 Teilschuldverschreibungen der Anleihe 2013/2018, die an die Stelle der
Anleihe 2011/2016 traten;
198 Stück neuen Aktien an der Beklagten.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Rückzahlung einer Anleihe nach erklärten außerordentlichen Kündigungen.
Die Beklagte ist ein Solarunternehmen. Sie gab im Jahr 2010 eine Anleihe 6,125% Solarworld
10/17 (ISIN XS0478864225, WKN A1CR73; im Folgenden „1.Anleihe“ genannt) und im
Jahr 2011 eine Anleihe 6,375 % Solarworld 11/16 (ISIN XS 0641270045, WKN A1H3W6; im
Folgenden „2. Anleihe“ genannt) aus. Die Klägerin erwarb am 29.01.2013 12 Stück der 2.
Anleihe zum Nennwert in Höhe von 12.000,00 € und am 06.02.2013 4 Stück der 2. Anleihe
zum Nennwert von 4.000,00 €. Weiterhin erwarb die Klägerin am 06.02.2013 und am
11.04.2013 insgesamt 12 Stück der 1. Anleihe zum Nennwert von insgesamt 12.000,00 €.
Die 1. Anleihe war mit 6.125% p.a., nachträglich zahlbar am 21.01. eines jeden Jahres, verzinst.
Sie hatte eine feste Laufzeit bis zum 21.01.2017. Die 2. Anleihe war mit 6.375 % p.a.,
nachträglich zahlbar am 29.06. eines jeden Jahres verzinst und hatte eine feste Laufzeit bis
zum 29.06.2016. Den Anleihekäufen lagen jeweils einheitliche Anleihebedingungen zugrun3
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de, die als Anlage K 1 und B2 sowie K 2 und B 1 zur Akte gereicht wurden (im Folgenden
"Anleihebedingungen").
Gemäß § 9 der Anleihebedingungen war der Inhaber unter anderem dann berechtigt, die
Anleihe außerordentlich zu kündigen und deren sofortige Rückzahlung zu ihrem Nennbetrag
zuzüglich etwaiger aufgelaufener Zinsen zu verlangen, falls:
"Ein Gericht ein Insolvenzverfahren gegen die Emittentin eröffnet oder die Emittentin ein solches
Verfahren einleitet oder beantragt oder eine allgemeine Schuldenregelung zu Gunsten
ihrer Gläubiger anbietet oder trifft oder ein Dritter ein Insolvenzverfahren gegen die Emittentin
beantragt und ein solches Verfahrens nicht innerhalb einer Frist von 60 Tagen aufgehoben
oder ausgesetzt wird."
Gemäß § 1 Abs. 7 der Anleihebedingungen wurde Annex 2 des Emissions- und Zahlstellenvertrags
vom 19. Januar 2010 ("Annex 2") in die Anleihebedingungen einbezogen. Annex 2
enthält Verfahrensregelungen, die im Wesentlichen dem Schuldverschreibungsgesetz
("SchVG") nachgebildet sind. In § 11 Abs. 1 der Anleihebedingungen wurden Mehrheitsbeschlüsse
über alle gesetzlich zugelassenen Beschlussgegenstände eingeführt, die gemäß
§ 11 Abs. 2 für alle Gläubiger gleichermaßen verbindlich sind. Gemäß § 11 Abs. 3 der Anleihebedingungen
bedurften solche Beschlüsse grundsätzlich einer Mehrheit von 75% der teilnehmenden
Stimmrechte.
Am 24.01.2013 gab die Beklagte in einer Adhoc Mitteilung bekannt, dass wegen wettbewerbswidriger
Marktbedingungen gravierende Einschnitte bei den Verbindlichkeiten der Gesellschaft,
insbesondere bei den ausgegeben Anleihen, erforderlich würden, dass aber eine
überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass die erforderlichen finanzwirtschaftlichen
Restrukturierungen und notwendigen Maßnahmen operativer Art umgesetzt werden
können und somit eine positive Fortführungsprognose bestehe.
Mit Schreiben vom 07.02.2013 kündigte die Klägerin die von ihr bis dato gehaltenen Schuldverschreibungen
betreffend die ISIN XS0641270045.
Am 17.04.2013 machte der Vorstand die Mitteilung, dass ein Verlust des halben Grundkapitals
eingetreten sei. Daraufhin erklärte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom
18.04.2013 die Kündigung aller von ihr gehaltenen Schuldverschreibungen betreffend ISIN
XS0641270045 und ISIN XS0478864225.
In einer weiteren Adhoc Mitteilung vom 30.04.2013 gab die Beklagte bekannt, dass mit wesentlichen
Schuldscheingläubigern eine vorläufige Einigung über die Restrukturierung der
Finanzverbindlichkeiten erzielt worden sei und dass beabsichtigt würde, ca. 60 % der Finanzverbindlichkeiten
in Eigenkapital umzuwandeln. Am 20.06.2013 machte die Beklagte im
Bundesanzeiger die Einberufung der Anleihegläubigerversammlung, in der über das Restrukturierungskonzept
abgestimmt werden sollte, bekannt. Die einberufene Gläubigerversammlung
erreichte jedoch nicht das für die Beschlussfähigkeit erforderliche Quorum. Am
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12.07.2013 wurde die Einberufung zur zweiten Gläubigerversammlung im Bundesanzeiger
bekannt gemacht. Am 06.08.2013 stimmten die Anleihegläubiger in der zweiten Versammlung
mit dem erforderlichen Quorum dem Restrukturierungskonzept, nach welchem sämtliche
Anleihen dieser Tranche, und somit auch die Klägeranleihe, in Erwerbsrechte bezüglich
von Anleihen mit reduziertem Nennwert sowie bezüglich von neuen Aktien an der Beklagten
umgetauscht werden sollten, mit 99,8% der teilnehmenden Stimmen zu. Des Weiteren wurde
auf die Ausübung von Kündigungsrechten bis zum 31.12.2014 verzichtet.
Die Klägerin sprach mit anwaltlichen Schreiben vom 31.07.2013, 13.08.2013, 08.01.2014,
23.01.2014 weitere Kündigungen aus. Hinsichtlich des Inhaltes der Schriftstücke wird auf die
Anlagen 01 (Blatt 135 ff. d.A.) und 02 (Blatt 139 f. d.A.), auf die Anlage zum klägerischen
Schriftsatz vom 08.01.2014 (Blatt 216 f. d.A.) und auf die Anlage 09 (Blatt 274 ff. d.A.) verwiesen.
Zudem erfolgte eine mündliche Kündigungserklärung am 22.01.2014. Wegen deren
Inhaltes wird auf Blatt 239 d.A. Bezug genommen.
Die Hauptversammlung der Beklagten beschloss am 14.10.2013 die Einbringung von Teilen
der Anleiheforderungen gegen die Ausgabe von neuen Aktien im Wege der Sachkapitalerhöhung.
Mit Beschluss vom 13.01.2014 gab das OLG Köln den Vollzug des Beschlusses der
Gläubigerversammlung trotz anhängiger Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gemäß § 246a
AktG frei. Am 31.01.2014 sind die Schuldverschreibungen der Anleihe, einschließlich der
Klägeranleihe, in Vollziehung des Beschlusses der Gläubigerversammlung auf die WZG
Bank AG übertragen worden. Mit Einbringungs- und Erlassvertrag vom 14.02.2014 brachte
die WZG Bank AG die Anleihe im Wege des Erlasses unter der aufschiebenden Bedingung
der Eintragung der Kapitalerhöhung in das Eigenkapital der Beklagten ein. Die Kapitalerhöhung
ist am 24.02.2014 in das Handelsregister der Beklagten eingetragen worden.
Die Klägerin erhielt am 27.02.2014 im Rahmen der laufenden Restrukturierung der Beklagten
Zahlungen in Höhe von 925,44 €, 642,24 € und 178,85 €.
Die erfolgte Umsetzung des Restrukturierungskonzepts bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen.
Sie ist zudem der Ansicht, dass die Vorlage des Restrukturierungskonzepts durch die
Beklagte als das Angebot einer allgemeinen Schuldenregelung i.S.d. § 9 der Anleihebedingungen
anzusehen sei, so dass ein außerordentliches Kündigungsrecht bestanden habe.
Jedenfalls habe ein wichtiger Grund gemäß §§ 314, 490 BGB Vorgelegen. Die Klägerin ist
außerdem der Ansicht, dass die zwischenzeitliche Umsetzung des durch die Gläubigerversammlung
beschlossenen Restrukturierungskonzept sich auf den aufgrund der erklärten
Kündigung der Anleihe entstandenen Rückzahlungsanspruch nicht auswirke, weil die Beklagte
sich gemäß § 242 BGB auf den Umtausch der Anleihe nicht berufen dürfe. Jedenfalls
bestünde der Anspruch als Schadensersatzanspruch fort.
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Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 28.057,51 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz und zwar aus
28.000,00 € vom 08.02.2013 bis zum 27.02.2014, aus 26.253,47 € seit dem
27.02.2014 und aus weiteren 1.804,04 € seit Rechtshängigkeit
Zug um Zug gegen Übertragung von
zwölf Teilschuldverschreibungen der Anleihe 2013/2018, die an die Stelle der
Anleihe 2010/2017 trat;
16 Teilschuldverschreibungen der Anleihe 2013/2018, die an die Stelle der
Anleihe 2011/2016 trat;
198 Stück neuen Aktien an der Beklagten;
2. festzustellen, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin mit der Rücknahme
von 12 Inhaber-Teilschuldverschreibungen aus der Anleihe ISIN:
XS0478864225, WKN A1CR73 und 16 Inhaber-Teilschuldverschreibungen
aus der Anleihe ISIN: XS0641270045 A1H3W6 in Annahmeverzug ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin habe ihre Aktivlegitimation jedenfalls durch Umsetzung
der Beschlüsse der Gläubigerversammlung verloren. Ihre Schuldverschreibungen existierten
nicht mehr. Die Klage sei damit unbegründet geworden. Ein Schadensersatzanspruch
der Klägerin aus §§ 280, 283, 287 BGB bestehe nicht.
Zudem seien die von der Klägerin erklärten Kündigungen mangels Kündigungsgrundes unwirksam.
Ein Kündigungsrecht folge weder aus den Anleihebedingungen noch den allgemeinen
Vorschriften der §§ 314, 490 BGB.
Selbst wenn ein Kündigungsrecht der Klägerin bestanden haben sollte, wäre die Berufung
hierauf treuwidrig. Die Klägerin habe erst nach Bekanntwerden des Restrukturierungsbedarfs
der Beklagten im Januar 2013 die Anleihen zu einem Bruchteil des Nennwerts eingekauft,
um sie unmittelbar zu kündigen und Rückzahlung zum Nennwert zu verlangen. Sollten vor
diesem Hintergrund aufgrund von Restrukturierungsmaßnahmen Kündigungsrechte bejaht
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werden, widerspreche dies der Intention des SchVG, eine finanzielle Restrukturierung zu
ermöglichen. Insofern scheide eine Berufung auf sämtliche Kündigungsrechte aus, sobald
der Emittent eine notwendige finanzielle Restrukturierung bekannt gebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen
Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidunasqründe
Die zulässige Klage ist in dem ausgeurteilten Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
Aufgrund der wirksamen außerordentlichen Kündigung der Anleihen nach § 9 Abs. 1 e) der
Anleihebedingungen mit Schreiben vom 31.07.2013 steht der Klägerin der begehrte Zahlungsanspruch
nach § 9 Abs. 1 der Anleihebedingungen zu, dies Zug um Zug gegen Aushändigung
der aus dem Tenor ersichtlichen Wertpapiere.
Die Klägerin sprach mit Schreiben vom 07.02.2013 und sodann mit anwaltlichen Schreiben
vom 31.07.2013, 13.08.2013, 08.01.2014, 23.01.2014 eine Vielzahl von Kündigungen aus.
Hinsichtlich des Inhaltes der Schriftstücke wird auf die Anlagen 01 (Blatt 135 ff. d.A.) und 02
(Blatt 139 f. d.A.), auf die Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 08.01.2014 (Blatt 216 f.
d.A.) und auf die Anlage 09 (Blatt 274 ff. d.A.) verwiesen. Zudem erfolgte eine mündliche
Kündigungserklärung am 22.01.2014. Wegen deren Inhaltes wird auf Blatt 239 d.A. Bezug
genommen.
Soweit diese Kündigungen ihre Schwerpunkte teilweise in verschiedenen angegebenen
Kündigungsgründen haben, spielt dies für die Wirksamkeit der Kündigungen keine Rolle.
Denn bei einer außerordentlichen Kündigung muss lediglich der Wille zur sofortigen Beendigung
des Vertragsverhältnisses eindeutig erkennbar sein, wobei grundsätzlich auch Kündigungsgründe
nachgeschoben werden können, wenn sie zur Zeit der Kündigung schon Vorgelegen
haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie dem Kündigenden damals unbekannt
oder bekannt gewesen sind. Ferner dürfen diese Kündigungsgründe nicht ausgeschlossen
sein und müssen objektiv zur Zeit der Kündigung diese rechtfertigen (Palandt-Weidenkaff,
BGB, 73.A., Vorb. § 620 Rz. 32, 36). Dies ist - jedenfalls hinsichtlich der auf § 9 Abs. 1 e) der
Anleihebedingungen gestützten Kündigung vom 31.07.2013 - der Fall.
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Die von der Klägerin mit Schreiben vom 31.07.2013 ausgesprochene außerordentliche Kündigung
ist wirksam, da ein Kündigungsgrund nach § 9 Abs. 1 e) der Anleihebedingungen
vorlag.
Die Regelung des § 9 Abs. 1 e) der Anleihebedingungen ist dahingehend auszulegen, dass
den Gläubigern ein Kündigungsrecht zusteht, wenn die Emittentin ihnen einen Beschlussvorschlag
im Sinne der §§ 5 ff. SchVG unterbreitet, wonach die Anleihebedingungen in einer
Weise geändert werden sollen, dass den Gläubigern nicht mehr der volle nach den bisherigen
Anleihebedingungen zustehende Leistungsanspruch zusteht. Der in § 9 Abs. 1 e) Var. 4
der Anleihebedingungen eingeräumte Kündigungsgrund für den Fall, dass die Emittentin
„eine allgemeine Schuldenregelung zugunsten ihrer Gläubiger anbietet“, ist - jedenfalls bei
der gebotenen Auslegung im Zweifel zu Lasten der Beklagten - auch gegeben, wenn die
bisherige Rechtsposition der Anleger im Verfahren nach den §§ 5 ff. SchVG zu ihren Lasten
geändert werden soll. Ein Angebot ist spätestens mit der Einladung vom 12.07.2013 zu der
Gläubigerversammlung am 05.08.2013 erfolgt. Die vorgesehenen Beschlussfassungen im
Sinne des § 11 Abs. 1-3 der Anleihebedingungen (entspricht § 5 Abs. 6 SchVG) sahen auch
mit den Regelungen über die Änderung und den Ausschluss von Zinsen, die Verringerung
der Hauptforderung und dem Umtausch der Schuldverschreibungen in andere Wertpapiere
(vgl. auch § 5 Abs. 3 S. 1 Ziff. 1, 3 und 5 SchVG) Veränderungen zu Lasten der Anleihegläubiger
vor.
Die allgemeinen Anleihebedingungen unterliegen der Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB modifiziert
durch das SchVG 2009. Durch eine AGB-Kontrolle werden entgegen den Ausführungen
des Landgerichts nicht generell Regelungen des SchVG unterlaufen. Es ist lediglich den
Besonderheiten des SchVG in der Weise Rechnung zu tragen, als die Auslegung der Anleihebedingungen
als allgemeine Geschäftsbedingungen nach dem Maßstab eines sachkundigen
Anlegers im Sinne des § 3 SchVG zu erfolgen hat. Bezugspunkt für die gebotene objektive
Auslegung ist nicht ein durchschnittlicher Kunde, sondern ein sachkundiger Anleger (vgl.
Verannemann-Oulds, SchVG 2010, § 3 Rz. 5). Auch die Tatsache, dass die Anleihebedingungen
durch Mehrheitsbeschluss geändert werden können, spricht nicht gegen die Möglichkeit
einer AGB-rechtlichen Kontrolle. Gerade der Umstand, dass bei der Abstimmung
unterlegenen Anlegern eine Änderung ihrer Rechtsposition gegen ihren Willen auferlegt werden
kann, macht den allgemeinen Schutz nach den §§ 305 ff. BGB nicht obsolet.
Für die gebotene objektive Auslegung ist vom Wortlaut der Urkunde auszugehen. Er ist aus
sich heraus, ohne Rücksicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalles auszulegen,
wobei es auf das Verständnis eines typischen Erklärungsempfängers ankommt. Die allgemeine
Verkehrsauffassung, die sich in den Anschauungen der maßgeblichen Wirtschaftskreise,
namentlich der Börse und der Banken, niederschlägt, ist zu berücksichtigen (s. etwa
Staudinger-Marburger, BGB, Neubearb. 2009, § 793 Rz. 9).
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Diese den Wortlaut und die Verständnismöglichkeiten der beteiligten Verkehrskreise berücksichtigende
Auslegung führt bei Anwendung der Regelung des § 305c Abs. 2 BGB dazu,
dass der Beschlussvorschlag zur Abänderung der Anleihebedingungen im Verfahren nach
den §§ 5 ff. SchVG als ein Angebot der Beklagten zu einer „allgemeinen Schuldenregelung
zugunsten der Gläubiger“ verstanden werden muss (so auch bereits LG Bonn, Urteil vom
25.3.2014, Az. 10 O 299/13, Seite 5 f., Bl. 352 ff. d.A.).
Das nach dem Restrukturierungskonzept der Beklagten angestrebte Verfahren nach den
§§ 5 ff. SchVG stellt eine „Schuldenregelung“ dar, denn es zielt darauf ab, die Forderungen
der Anleihegläubiger teilweise herabzusetzen bzw. gegen nicht in diesem Umfang Zahlungsansprüche
gewährende Rechte einzutauschen.
Das Verfahren erfolgt insofern auch zugunsten der Gläubiger, als es (zunächst) das Risiko
einer Insolvenz der Beklagten abwendet, nach welcher ihre Ansprüche in weit größerem Umfang
gefährdet oder gemindert werden könnten als durch die mit dem Restrukturierungsverfahren
angestrebten Änderungen der Anleihebedingungen.
Die Schuldenregelung stellt auch eine „allgemeine“ dar, weil sie einer großen Zahl von Gläubigern,
zumindest allen Anleihegläubigern, in abstrakter Weise unter strikter Gleichbehandlung
angeboten wurde. Der Begriff „allgemein“ ist nicht notwendig dahingehend zu verstehen,
dass die Beklagte die Schuldenregelung allen ihren Gläubigern anbieten müsste, also
etwa auch Lieferanten. Zwar könnte dafür die Bezeichnung „ihre“ sprechen. Dagegen spricht
aber, dass nach der Definition des Begriffs „Gläubiger“ in den Anleihebedingungen (dort § 1
Abs. 5) damit jeder Inhaber einer Schuldverschreibung bezeichnet ist. Für eine unmissverständliche
Bezeichnung im Sinne der Auffassung der Beklagten hätten aber „alle ihre Gläubiger“
aufgeführt werden oder sich das Angebot zur Schuldenregulierung an „sämtliche
Gläubiger der Beklagten“ richten müssen. Zu Lasten der Beklagten ist die Bestimmung deshalb
dahin auszulegen, dass ein Angebot an alle Anleihegläubiger für das Vorliegen des
Tatbestands von § 9 Abs. 1 e) der Anleihebedingungen genügt.
Entgegen der Meinung der Beklagten fehlt es im Text an tragfähigen Anhaltspunkten dafür,
dass mit dem Begriff einer allgemeinen Schuldenregelung nur ein staatliches (Zwangs-) Verfahren
gemeint sein könne. Die Überschrift „Insolvenz u.ä.“ spricht vielmehr dafür, dass die
Regelung nur an einen faktischen Zustand des Vermögens der Beklagten (Zahlungsunfähigkeit,
Überschuldung) anknüpft. In welcher Weise die Gefahr eines solchen Zustandes abgewendet
werden soll, indiziert die Überschrift nicht. Hätte die Regelung ausweislich ihrer
Überschrift auf staatliche (Zwangs-) Verfahren eingegrenzt werden sollen, hätte die Überschrift
„Insolvenzverfahren u.ä.“ lauten müssen.
Gegen die vorgenannte Auslegung des Begriffs „Angebot einer allgemeinen Schuldenregelung“
in den Anleihebedingungen spricht nicht der Zweck des Verfahrens nach den §§ 5 ff.
SchVG, im Falle einer Gefährdung einer vollständigen Rückzahlung an alle Gläubiger eine
begrenzte Abänderung der Bedingungen zu ermöglichen. Zwar mag ein Kündigungsrecht,
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das gerade an ein Angebot zur Schuldenregulierung für ein Verfahren nach den §§ 5 ff.
SchVG anknüpft, letztlich den Erfolg dieses Verfahrens gefährden. Für die hier maßgebliche
objektive Auslegung vermag dieser Gesichtspunkt jedoch nicht das sich aus dem Text der
Anleihebedingungen ergebende Verständnis der Regelung ausschlaggebend zu beeinflussen.
Denn auch ein sachkundiger Anleger vermag diesen Zusammenhang zwischen dem in
den Anleihebedingungen eingeräumten Kündigungsrecht und den Regelungszielen des
SchVG sowie den sich daraus (möglicherweise) ergebenden Wertungswidersprüchen nicht
zu durchschauen.
Die Kündigung der Klägerin vom 31.07.2013 ist innerhalb des einschlägigen Zeitfensters
zwischen Übermittlung des Angebots an die Anleihegläubiger und erfolgter Beschlussfassung
hierüber ausgesprochen worden.
Die Klägerin hat die Einladung zu den Gläubigerversammlungen erhalten (Veröffentlichung
der Einladung zur Gläubigerversammlung der Anleihegläubiger der Anleihe 2011/2016 im
Bundesanzeiger am 19.06.2013; sodann auch die Einladung vom 12.07.2013 zur 2. Gläubigerversammlung),
in der ihr der später auch vollzogene Beschlussvorschlag im Wege eines
Angebots zur Änderung der Anleihebedingungen unterbreitet wurde. Die Beschlussfassung
erfolgte sodann in der 2. Gläubigerversammlung vom 05.08.2013 (veröffentlicht im Bundesanzeiger
am 08.08.2013).
Mit dem Beschlussvorschlag hat die Beklagte der Klägerin ein Angebot zu einer allgemeinen
Schuldenregelung zu Gunsten ihrer Gläubiger im Sinne des § 9 Abs. 1 e) Var. 4 der Anleihebedingungen
gemacht, so dass ihr im Zeitpunkt der Kündigung vom 31.07.2013 ein Kündigungsrecht
zustand.
Zwar dürfte dieses Kündigungsrecht mit dem auch für die Klägerin nach § 5 Abs. 2 S. 1
SchVG bindenden Beschluss der Gläubigerversammlung vom 05.08.2013, der auch einen
zeitlich begrenzten Verzicht auf das Kündigungsrecht nach § 9 der Anleihebedingungen enthält,
erloschen sein. Da die Klägerin aber in dem Zeitraum nach Erhalt der Einladungen mit
der Unterbreitung des Angebots und noch vor der bindenden Beschlussfassung der Gläubigerversammlung
gekündigt hat, ist ihre Kündigung wirksam. Der durch den Beschluss erfolgte
Ausschluss von Kündigungsrechten und seine Bindungswirkung nach § 5 Abs. 2 S. 1
SchVG ergreifen nicht rückwirkend eine zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits wirksam
ausgesprochene Kündigung (arg. § 4 SchVG).
Das Kündigungsrecht der Klägerin ist auch nicht aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben
ausgeschlossen.
Zum einen hat die Klägerin aufgrund der Kündigung keinen unzulässigen Sondervorteil erlangt,
sondern lediglich von den ihr nach den Anleihebedingungen zustehenden Rechten
Gebrauch gemacht, die bis zur Beschlussfassung durch die Gläubigerversammlung auch
allen anderen Anleihegläubigern in gleicher Weise zugestanden haben. Eine Treue- oder
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Sanierungspflicht der Anleihegläubiger dahingehend, der Emittentin im Krisenfall nicht aufgrund
formal bestehender Rechte Kapital zu entziehen, besteht nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen,
dass die streitgegenständlichen Anleihen frei handelbar waren und die Anleihegläubiger
damit lediglich Fremdkapitalgeber sind.
Es widerspricht auch nicht der Intention des SchVG, Gläubigern in bestimmten Phasen von
Restrukturierungsmaßnahmen (hier zwischen Zugang des Angebots einer allgemeinen
Schuldenregelung und Beschlussfassung hierüber seitens der Gläubigerversammlung) die
Möglichkeit zu gewähren, der Emittentin ihr Kapital durch Kündigung zu entziehen. Zwar
sieht das SchVG die Möglichkeit von finanziellen Restrukturierungsmaßnahmen vor, wobei
diese auch im Wege von für alle Gläubiger bindenden Mehrheitsbeschlüssen erfolgen können.
Soweit die Beklagte daraus aber folgert, eine Berufung auf sämtliche Kündigungsrechte
scheide aus, sobald die Emittentin eine notwendige finanzielle Restrukturierung bekanntgebe,
ist dies nicht der Fall. Zum einen ist in den Anleihebedingungen in § 9 Abs. 1 e) gerade
eine Kündigungsmöglichkeit für solche Konstellationen vorgesehen, von der die Klägerin
Gebrauch gemacht hat. Zum anderen bildet die Möglichkeit, sich durch Kündigung von der
Anleihe zu lösen, gerade das Korrelat dazu, dass Mehrheitsbeschlüsse für alle Anleihegläubiger
verbindlich sind.
Auch der Kaufzeitpunkt der Anleihen durch die Klägerin erst nach Bekanntgabe finanzieller
Schwierigkeiten der Emittentin Anfang 2013 zu einem Marktpreis von nur einem Bruchteil
des Nennwertes ist für die Ausübung des Kündigungsrechts unerheblich.
Die Handelbarkeit entspricht dem Wesen der Schuldverschreibung, die insofern einen spekulativen
Charakter hat. Mit dem Kauf der Anleihen Anfang des Jahres 2013 hat die Klägerin
Risiken und Chancen übernommen. So hätten die Anleihen auch weiter an Wert verlieren
oder die Emittentin insolvent werden können. Vorliegend hat die Klägerin lediglich durch
Ausübung des ihr nach den Anleihebedingungen zustehenden Kündigungsrechts im zutreffenden
Zeitfenster zwischen Übermittlung des Angebots zur Restrukturierung und der hierüber
erfolgten Beschlussfassung ihre bestehenden Chancen genutzt. Das diesbezügliche
Vorgehen eines Ankaufs wirtschaftlich gefährdeter Anleihen war riskant, aber im vorliegenden
Fall für die Klägerin im Ergebnis erfolgreich, ohne dass ihr der Vorwurf der Treuwidrigkeit
gemacht werden kann (vgl. OLG Frankfurt am Main, 4 U 97/14).
Aufgrund der wirksamen außerordentlichen Kündigung steht der Klägerin nach § 9 Abs. 1
der Anleihebedingungen der begehrte Zahlungsanspruch zu, dies aber nur Zug um Zug gegen
Aushändigung der substituierten Wertpapiere.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Aktivlegitimation der Klägerin hinsichtlich des
nach § 9 Abs. 1 der Anleihebedingungen bestehenden Zahlungsanspruchs durch die nach
Rechtshängigkeit erfolgte Durchführung der Restrukturierungsmaßnahmen (Vollzug der Be-
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Schlüsse der Gläubigerversammlung vom 05.08.2013 im Sinne des § 21 SchVG) nicht berührt
worden.
Denn das rechtliche Schicksal der Anleihen betrifft allein die Gegenforderung auf Aushändigung
der Anleihen (Erteilung der Quittung im Sinne des § 368 BGB), die keinen selbständigen
Gegenanspruch darstellt. Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch
insofern nach wie vor zu. Insbesondere ist dieser der Klägerin zustehende Zahlungsanspruch
als Hauptleistungspflicht der Beklagten durch den Umtausch der Anleihen im Rahmen
des Vollzugs der Restrukturierung nicht unmöglich geworden, da sich dieser Umtausch
auf die Hauptleistungspflicht der Beklagten zur Zahlung nicht auswirkt, sondern allein die
Gegenleistungspflicht der Klägerin betrifft. Soweit dieser Zahlungsanspruch teilweise durch
Erfüllung erloschen ist (§ 362 Abs. 1 BGB), hat die Klägerin dies in ihrem Klageantrag zutreffend
berücksichtigt und von der ursprünglich eingeklagten Summe in Höhe von 29.804,04 €
die unstreitig seitens der Beklagten bereits ausgezahlten Beträge abgezogen.
Der Zahlungsanspruch der Klägerin besteht nur gegen Aushändigung der substituierten
Wertpapiere, deren Identität und Umfang zwischen den Parteien unstreitig ist.
In den Anleihebedingungen selbst ist eine Rückgabe oder Herausgabe der Schuldverschreibungen
im Falle einer Kündigung nicht geregelt. Ein Anspruch der Beklagten auf Aushändigung
der Anleihen folgt aber aus § 797 BGB, wonach die Leistungsverpflichtung der Ausstellerin
(begründet durch Zeitablauf oder wie hier durch Kündigung) nur gegen Aushändigung
der Schuldverschreibungen besteht.
Bei dem Anspruch der Beklagten handelt es sich nicht um einen selbstständigen Gegenanspruch,
sondern um eine besondere Ausgestaltung des Rechts auf Quittung (§ 368 BGB;
BGH, Urteil vom 08.07.2008, Az. VII ZB 64/07, juris Rz. 12; Palandt-Sprau, BGB, 73.A.,
§ 797 Rz. 1). Denn das Wertpapier besitzt selbst keinen eigenen Vermögenswert, sondern
stellt lediglich ein Präsentations- und Einlösepapier dar. Aus diesem Grund besteht die Verpflichtung
der Beklagten zur Zahlung grundsätzlich nur gegen Aushändigung der Inhaberschuldverschreibung
(s. BGH, Urteil vom 08.07.2008, Az. VII ZB 64/07, juris Rz. 12).
Vorliegend wurden diese auszuhändigenden Inhaberschuldverschreibungen nach dem Ausspruch
der wirksamen Kündigung seitens der Klägerin durch Parteivereinbarung umgetauscht.
Insofern sind die auf der Gläubigerversammlung vom 05.08.2013 nach §§ 5 Abs. 2,
Abs. 3 Nr. 5 SchVG i.V.m. § 11 Abs. 1 und 2 der Anleihebedingungen gefassten und mittlerweile
vollzogenen Mehrheitsbeschlüsse hinsichtlich des Umtauschs der Schuldverschreibungen
auch für die Klägerin bindend. Der Vollzug dieser Beschlüsse hat dazu geführt, dass
an die Stelle der ursprünglichen Schuldverschreibungen die neuen Wertpapiere getreten
sind, auf die sich nunmehr die Verpflichtung der Klägerin zur Aushändigung nach § 797 BGB
bezieht.
Hinsichtlich der begehrten Zinsen ist die Klage teilweise abzuweisen.
Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Verzugszinsen besteht erst ab dem 15.08.2013.
Soweit die Klägerin Verzinsung bereits ab dem 08.02.2013 beantragt und auf das Kündigungsschreiben
vom 07.02.2013 abstellt, war diese Kündigung zum einen nicht wirksam,
zum anderen trat Verzug nicht bereits mit Zugang der Kündigung ein. Außerdem betraf die
Kündigung vom 07.02.2013 nur die von der Klägerin gehaltenen Schuldverschreibungen mit
der ISIN XS0641270045 über nominal 13.000,00 € und damit nicht alle streitgegenständlichen
Schuldverschreibungen. Die Klägerin hat insofern eine wirksame Kündigung verbunden
mit einer verzugsbegründenden Zahlungsaufforderung erst mit Schreiben vom 31.07.2013
erklärt, §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB (s. hierzu Palandt-Grüneberg, BGB, 73.A., § 286
Rz. 18).
Die Klägerin bezieht sich in der Kündigung vom 07.02.2013 auf ein Kündigungsrecht nach
§ 9 Abs. 1 d) und e) der Anleihebedingungen sowie nach §§ 314, 490 BGB.
Die mit Schreiben vom 07.02.2013 erklärte Kündigung ist mangels Kündigungsgrundes unwirksam,
da es an einem Kündigungsgrund fehlt.
Ein Kündigungsrecht der Klägerin nach § 9 Abs. 1 d) der Anleihebedingungen wegen Zahlungseinstellung
(Bekanntgabe der Zahlungsunfähigkeit oder allgemeine Einstellung ihrer
Zahlungen) im Sinne des § 9 Abs. 1 d) der Anleihebedingungen bestand nicht.
Eine Bekanntgabe bestehender Zahlungsunfähigkeit seitens der Beklagten ist nicht erfolgt,
die ad-hoc-Meldungen hatten vielmehr allein zum Inhalt, dass eine Zahlungsfähigkeit nur
durch den geplanten Schuldenschnitt erhalten bleiben könne. Aus dieser Mitteilung folgt
vielmehr gerade, dass im Mitteilungszeitpunkt Zahlungsfähigkeit noch vorhanden war, diese
lediglich ohne die geplanten Umstrukturierungsmaßnahmen gefährdet sei. In der demgegenüber
weiten Auslegung der Bestimmung des § 9 Abs. 1 d) der Anleihebedingungen durch die
Klägerin (Bestehen eines Kündigungsgrundes bereits bei absehbarer Zahlungsunfähigkeit
ohne Restrukturierung) wäre das Bestehen eines Kündigungsgrundes zum einen zeitlich und
inhaltlich nicht unbeträchtlich vorverlagert und letztlich rechtlich nicht greifbar und damit unbestimmt;
zum anderen folgt eine gebotene engere Auslegung des Begriffes der Zahlungsunfähigkeit
bereits aus der Überschrift des § 9 Abs. 1 d) der Anleihebedingungen „Zahlungseinstellung“:
Dieser Begriff mit der anschließenden Erläuterung bezieht sich nicht auf eine
Prognoseentscheidung der Beklagten, sondern auf die faktische Einstellung von Zahlungen
bzw. die Bekanntgabe hiervon. Vorliegend stand aufgrund der ad-hoc-Meldungen lediglich
fest, dass ohne die geplante Umstrukturierung ein solcher Zustand eintreten werde. Tatsächlich
ist eine Zahlungsunfähigkeit der Beklagten auch nicht eingetreten (weil die Umstrukturierung
seitens der Gläubigerversammlung am 05.08.2013 beschlossen wurde), was auch
durch die Zinszahlung an die Clearingstelle am 09.08.2013 belegt wird. Letztlich bestand
daher nur ein Zahlungsengpass der Beklagten, bei dem diese auf eine bestimmte - dann
auch durchgeführte - Lösung durch Umstrukturierung angewiesen war. Eine solche Konstel13
lation ist aber noch nicht als Zahlungseinstellung i.S. des § 9 Abs. 1 d) der Anleihebedingungen
einzuordnen. Aus § 9 Abs. 1 e) der Anleihebedingungen ergibt sich für den bloßen Tatbestand
einer Vermögensverschlechterung des Schuldners und/oder der Gefährdung des
Leistungsanspruchs des Anleihegläubigers kein Kündigungsrecht.
Voraussetzung ist nämlich neben der hier nicht gegebenen Einleitung eines Insolvenzverfahrens,
dass „die Emittentin ... eine allgemeine Schuldenregelung zugunsten ihrer Gläubiger
anbietet oder trifft“. In der bloßen Ankündigung, ein Verfahren nach den §§ 4 ff. SchVG
durchführen zu wollen, liegt noch kein solches „Angebot“ im Sinne der Anleihebedingungen.
Es fehlt zunächst an einer ausreichenden inhaltlichen Festlegung, denn die Ad-Hoc-
Mitteilungen vom April und Mai 2013 enthalten noch keine konkreten Angaben, in welcher
Weise eine Änderung der Anleihebedingungen von der Beklagten beabsichtigt ist. Es handelte
sich zudem noch nicht um ein annahmefähiges Angebot, sondern nur um die allgemeine
Bekanntgabe, dass wesentliche Beschlüsse hinsichtlich einer finanziellen Restrukturierung
der Emittentin durch die Hauptversammlung der Gesellschaft und die Gläubiger der von
der Emittentin ausgegebenen Anleihen im August 2013 geplant seien.
Eine Kündigung auf der Grundlage von § 314 BGB für den konkreten Fall der Vermögensverschlechterung
der Beklagten und der darauf beruhenden Gefährdung des Leistungsanspruchs
ist durch § 9 Abs. 1 e) der Anleihebedingungen wirksam ausgeschlossen worden.
Zwar stellt der Kerngehalt von § 314 BGB zwingendes Recht dar und kann nicht vollständig
ausgeschlossen, sondern nur beschränkt werden (Erman-Böttger, BGB, 14.A., § 314 Rz 3;
Palandt-Grüneberg, BGB, 73.A., § 314 Rz. 3; BGH, Urteil vom 08.02.2012, Az. XII ZR 42/10,
juris Rz. 27), dies auch aufgrund des Ausflusses des Rechts zur Kündigung aus wichtigem
Grund aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. Allerdings ist es zulässig, einzelne Umstände
und bestimmte Gründe als zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen
Grund auszuschließen (MüKo-Gaier, BGB, 6.A., § 314 Rz 4). Dies gilt etwa für Vereinbarungen
über die Erschwerung des Kündigungsrechts, die die Parteien zur Verteilung bestimmter
Risiken getroffen haben. Solch ein Verzicht, der allein bestimmte Gründe für das
Kündigungsrecht betrifft, ist zulässig (vgl. auch Maier-Reimer in: Baums/Cahn, Die Reform
des Schuldverschreibungsrechts, 2004, S. 140 f.). Ein solcher begrenzter Ausschluss ist
grundsätzlich auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen und nicht allein durch Individualvereinbarung
möglich. Insofern ist ein Ausschluss nur dann unwirksam, wenn die konkrete
Einschränkung des Kündigungsrechts unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB ist
(vgl. BGH NJW 2012, 1431; BGH NJW 1986, 3134). Zwar sind die Einschränkungen des
Kündigungsrechts vorliegend nicht im Wege von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern
spezifisch in den Anleihebedingungen der Schuldverschreibung erfolgt (zu dem in § 2
S. 1 SchVG legal definierten Begriff und der Rechtsnatur von Anleihebedingungen siehe
Friedl/Hartwig-Jacob, SchVG, § 2 Rz. 14 ff.). Allerdings stellen auch Anleihebedingungen,
weil sie das Rechtsverhältnis zwischen den Emittenten als Schuldnern und den Inhabern der
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Schuldverschreibung als Gläubigern regeln, Allgemeine Geschäftsbedingungen dar und unterliegen
einer nach dem Maßstab des SchVG modifizierten Inhaltskontrolle nach den §§ 307
ff. BGB (BGH, Urteil vom 30.06.2009, Az. XI ZR 364/08, juris Rz. 23; R. Müller, in:
Baums/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rz. 15.340 m.w.Nw.). Sie können jedoch
abweichend von § 305 Abs. 2 BGB in vereinfachter Form durch allgemeine Veröffentlichung
nach kapitalmarktrechtlichen Vorschriften in das Vertragsverhältnis einbezogen werden
(BGH NJW 2005, 2917); eine Einbeziehung ist hier unstreitig erfolgt. Eine nach der Wertung
des § 307 BGB unangemessene Benachteiligung der Gläubiger nach den Geboten von
Treu und Glauben besteht vorliegend nicht.
Die Anleihebedingungen sehen in § 9 Abs. 1 d) - f) Regelungen zur außerordentlichen Kündigung
seitens der Anleihegläubiger im Falle der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage
der Beklagten vor. Diese Regelungen in § 9 Abs. 1 d) — f) der Anleihebedingungen enthalten
den konkludenten Ausschluss einer Kündigung der Anleihe, die daran anknüpft, dass eine
Insolvenz der Emittentin eingetreten ist oder droht und deshalb der Leistungsanspruch des
Anleihegläubigers gefährdet ist. Die Regelungen sind dahin auszulegen, dass im Fall eines
Eintritts solcher Umstände ein Gläubiger die Anleihen erst dann kündigen können soll, wenn
einer der dort genannten weiteren Tatbestände eintritt, nämlich Zahlungseinstellung, Insolvenz
u.ä. oder Liquidation. Die Überschrift „Insolvenz u.ä.“ zeigt, dass mit dieser Bestimmung
die Rechte der Gläubiger im Fall einer den Zahlungsanspruch gefährdenden Vermögensverschlechterung
geregelt werden sollen. Es handelt sich ersichtlich um eine abschließende
Regelung des Kündigungsrechts für diesen Fall. Denn in der Aufzählung bestimmter
ein gerichtliches oder außergerichtliches Verfahren einleitender Tatbestände kommt erkennbar
der Wille zu einer abschließenden Regelung zum Ausdruck, nämlich, dass die gefährdende
Vermögensverschlechterung als solche noch nicht zu einer Kündigung berechtigen
soll. Diese sich aus insbesondere aus § 9 Abs. 1 e) ergebende Beschränkung des Kündigungsrechts
für den Fall der Insolvenz der Beklagten oder der den Zahlungsanspruch gefährdenden
Vermögensverschlechterung verstößt nicht gegen § 307 Abs. 1 BGB.
Dass der Anleihegläubiger bei objektiv eingetretener oder drohender Insolvenz der Emittentin
noch nicht kündigen darf, sondern erst die Einleitung bestimmter Verfahren abwarten
muss, stellt keine unangemessene Benachteiligung dar. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen,
dass der Zeichner einer Unternehmensanleihe, mit der keine besonderen Sicherungsrechte
verbunden sind, von Anfang an das Bonitätsrisiko des Unternehmens trägt. Dieses
Risiko und die Laufzeit bestimmen wesentlich die Zinshöhe von Anleihen. Ein Recht auf
Rückgängigmachung der mit der Anleihe verbundenen Anlage wegen nachträglich eingetretener
Vermögensverschlechterung des Emittenten wäre zudem mit der Unsicherheit belastet,
ab welchem Grad der Verschlechterung bereits ein Recht zur Rückgabe entstehen soll. Eine
solche Unsicherheit wäre mit dem Rechtscharakter der Schuldverschreibung als verbrieftem
und an der Börse handelbarem Wertpapier nicht vereinbar. Hinzu kommt, dass der Handels15
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preis bei der Weiterveräußerung der Schuldverschreibungen wesentlich von der Einschätzung
des Marktes über die aktuelle Bonität der Emittentin bestimmt wird. Dieses System
handelbarer Anleihen würde gestört, wenn ein Anleihegläubiger seine Anleihe bei jeder seinen
Leistungsanspruch (scheinbar) gefährdenden Vermögensverschlechterung kündigen
und sofortige Zahlung verlangen könnte.
Es ist deshalb sach- und interessegerecht, ein Kündigungsrecht erst zu gewähren, wenn ein
formelles Verfahren wegen Insolvenz oder drohender Zahlungsunfähigkeit von der Emittentin
selbst oder Dritten eingeleitet wird. Damit ist das Kündigungsrecht aus § 314 Abs. 1 BGB
durch die getroffenen Regelungen in § 9 Abs. 1 d) — f) der Anleihebedingungen und die dort
enthaltene enumerative Aufzählung bestimmter Kündigungsgründe, die teilweise auch außerordentlichen
Charakter haben, von den Parteien konkludent vertraglich ausgeschlossen
worden.
Die Klägerin war auch nicht wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse nach § 490
Abs. 1 BGB zur Kündigung berechtigt. Ein etwaiges, abdingbares Kündigungsrecht aus
§ 490 Abs. 1 BGB ist aus denselben Gründen ausgeschlossen wie das auf denselben Umstand
gestützte Kündigungsrecht aus § 314 BGB. Denn auch § 490 Abs. 1 BGB ist durch
Allgemeine Geschäftsbedingungen abdingbar, sofern keine unangemessene Benachteiligung
des Vertragspartners des Verwenders i.S.d. § 307 BGB vorliegt (Palandt-Weidenkaff,
BGB, 73.A., § 490 Rz. 1), was vorliegend der Fall ist.
Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten
besteht nicht.
Denn die Klägerin als Gläubigerin kann die Kosten für die den Verzug begründende Erstmahnung
(Kündigung vom 31.07.2013) nicht ersetzt verlangen, weil sie nicht durch den Verzug
verursacht sind und die nicht rechtzeitige Leistung nach § 280 Abs. 2 BGB nur unter den
Voraussetzungen des Verzugs eine Schadensersatzpflicht begründet (BGH NJW-RR 2013,
487; Palandt-Grüneberg, BGB, 73.A., § 286 Rz. 44). Eine schuldhafte Vertragsverletzung
seitens der Beklagten lag insoweit nicht vor.
Auch soweit die Klägerin weiterhin beantragt festzustellen, dass die Beklagte gegenüber der
Klägerin mit der Rücknahme von 12 Inhaber-Teilschuldverschreibungen aus der Anleihe
ISIN: XS0478864225, WKN A1CR73 und 16 Inhaber-Teilschuldverschreibungen aus der
Anleihe ISIN: XS0641270045 A1H3W6 in Annahmeverzug ist, ist die Klage unbegründet.
Vorliegend wurden diese ursprünglich existenten Inhaberschuldverschreibungen nach dem
Ausspruch der wirksamen Kündigung seitens der Klägerin durch Parteivereinbarung umgetauscht.
Insofern sind die auf der Gläubigerversammlung vom 05.08.2013 nach §§ 5 Abs. 2,
Abs. 3 Nr. 5 SchVG i.V.m. § 11 Abs. 1 und 2 der Anleihebedingungen gefassten und mittlerweile
vollzogenen Mehrheitsbeschlüsse hinsichtlich des Umtauschs der Schuldverschrei-
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bungen auch für die Klägerin bindend. Der Vollzug dieser Beschlüsse hat dazu geführt, dass
an die Stelle der ursprünglichen Schuldverschreibungen die neuen Wertpapiere getreten
sind. Eine Herausgabe der ursprünglichen Schuldverschreibungen ist der Klägerin nicht
mehr möglich, § 275 BGB und führt zur Beendigung des Annahmeverzuges der Beklagten
(BGHZ 117, 6).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.
Dr. N
Richterin am Landgerich

1 Kommentar:

  1. Hahaha, da hat das Landgericht es sich mal ganz einfach gemacht und von OLG Frankfurt am Main, 4 U 97/14 einfach per Textbaustein übernommen und weitestgehend abgeschrieben.
    Blöd nur, dass weder das OLG Frankfurt noch das LG Frankfurt BGH II ZR 381/13 kannten, als sie ihre Urteile absetzten.

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