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Montag, 29. Dezember 2014

Richard Zeits, Hedge-Fund-Manager und Berater für Energieinvestitionen, argumentiert sogar, dass die Schiefergasindustrie gestärkt aus der Phase der tiefen Erdölpreise hervorgehen werde, da sie auf der operativen Ebene sehr flexibel sei. Dies reduziere die Gefahr von Verwerfungen an den Kapitalmärkten.

Warnungen vor einer neuen Krise

Preisverfall von Erdöl belastet Kapitalmarkt

Der Erdölpreis drückt auf den Kapitalmarkt.
Der Erdölpreis drückt auf den Kapitalmarkt. (Bild: Imago)
Die Finanzmärkte, vor allem der Sektor für Hochzinsanleihen, sind von den tiefen Erdölpreisen betroffen. Förderfirmen können aber auch gestärkt hervorgehen.
Der Einbruch der Erdöl- und Erdgaspreise und die Weigerung Saudiarabiens, zur Preisstabilisierung die Fördermengen von Erdöl zu reduzieren, haben Rückwirkungen auf die Finanzmärkte. Es gibt sogar Warnungen, dass ein weiterer Preiszerfall sich zum Auslöser einer neuen Finanzkrise entwickeln könnte.

Erhöhte Anfälligkeit

Hintergrund dieser Befürchtungen ist der verstärkte Einsatz von «Junk Debt» in der Finanzierung von Energieunternehmen, wie der gewachsene Anteil von Energiefirmen im US-Corporate-High-Yield-Bond-Index, der von Barclays berechnet wird, zeigt. Aber auch durch die verstärkte Präsenz von Private-Equity-Firmen, die über die Emission hochverzinslicher Anleihen und Kredite Energiefirmen übernehmen, wird die Anfälligkeit des Kapitalmarktes erhöht. Die tiefen Erdölnotierungen lassen Vertreter grosser Förderstaaten in ihren offiziellen Stellungnahmen völlig unbeeindruckt. Für Saudiarabien, das als jenes Förderland gilt, das durch Drehen am Förderhahn die Preise erhöhen oder senken kann, bekräftigte Erdölminister Ali al-Naimi vor kurzem den Willen, die Produktion nicht zu reduzieren, selbst wenn der Erdölpreis auf 20 $ pro Fass fällt. Und er begründete diese Haltung mit der Absicht Saudiarabiens, der Welt zu zeigen, dass nur die effizientesten Produzenten Marktanteile verdienten. Auch der Energieminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Suhail al-Mazrouei, betonte seine fehlende Bereitschaft, bei weiter rückläufigen Preisen die Fördermengen zu kürzen.
Als besonders gefährdet durch niedrige Erdölpreise gilt die relativ junge und vielfach ausgeprägt fremdfinanzierte US-Industrie zur Förderung von Schiefergas. Marin Katusa, Spezialist für Energieinvestitionen und Mitarbeiter von Casey Research, schätzt, dass 50% der nordamerikanischen Förderer von Schiefergas bei einem Erdölpreis von 50 $ Verluste schreiben. Und bei 40 $ sei ein finanzieller Kollaps im Stil von 2008, zumindest im Markt für Junk Bonds, durchaus wahrscheinlich.
Sehr unterschiedlich interpretieren Kapitalmarktkommentatoren die wahren Absichten der grossen Förderländer. Einige Analytiker deuten die Aussagen von Saudiarabien dahin, dass vor allem der US-Schiefergasindustrie, die für die Überschüsse am Erdölmarkt und den Verlust der Monopolmacht der Opec verantwortlich sei, der Garaus gemacht werden soll. Andere Beobachter, wie Gary Shilling von der gleichnamigen US-Analysefirma, legen das Gewicht eher auf geopolitische Aspekte. Saudiarabien wolle mit der Tiefpreispolitik politische Opponenten, insbesondere Iran und Russland, bestrafen.

Von Malthus zu Schumpeter

Den tiefen Erdölpreisen gewinnt Anatole Kaletsky von Evergreen Gavekal Positives ab. Sie verdeutlichten den Übergang vom malthusischen Zustand einer Welt mit zu Ende gehenden Erdölvorräten in eine schumpetersche Phase, in der technischer Fortschritt das Angebot von Erdöl erhöhe und die Nachfrage reduziere – was die Rückkehr zu normalen kompetitiven Verhältnissen am Erdölmarkt ermögliche. Richard Zeits, Hedge-Fund-Manager und Berater für Energieinvestitionen, argumentiert sogar, dass die Schiefergasindustrie gestärkt aus der Phase der tiefen Erdölpreise hervorgehen werde, da sie auf der operativen Ebene sehr flexibel sei. Dies reduziere die Gefahr von Verwerfungen an den Kapitalmärkten.

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