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Mittwoch, 25. Februar 2015

Gasstreit mit Russland Schwere Geschütze Im Gasstreit mit der Ukraine wirft Putin der Regierung in Kiew Völkermord vor. Die Ukraine wiederum weigert sich, Gaslieferungen an die Separatisten zu bezahlen und wirft diesen eine Zerstörung der Gaspipelines vor.

Gasstreit mit RusslandSchwere Geschütze

Im Gasstreit mit der Ukraine wirft Putin der Regierung in Kiew Völkermord vor. Die Ukraine wiederum weigert sich, Gaslieferungen an die Separatisten zu bezahlen und wirft diesen eine Zerstörung der Gaspipelines vor.

© DPAVergrößernIm Februar wurde eine Gaspipeline bei Debalzewe von Granaten getroffen.
Im jüngsten Gasstreit zwischen Moskau und Kiew hat der russische Präsident Wladimir Putin der Ukraine „Genozid“ an der Bevölkerung der prorussischen Separatistengebiete im Osten des Landes vorgeworfen. Auf einer Pressekonferenz in Moskau sagte Putin am Mittwoch, in der Region gebe es bereits jetzt Hunger. Da habe es „schon etwas von Völkermord“, wenn Kiew die Menschen dort auch noch von Erdgaslieferungen abschneide.
Hintergrund der Vorwürfe ist die russische Behauptung, Kiew habe vergangene Woche die Gaslieferungen an die von Russland geschaffenen separatistischen „Volksrepubliken“ von Donezk und Luhansk im Osten des Landes unterbrochen. Mit dieser Begründung hat Russland vor einigen Tagen seinerseits auf Anordnung von Ministerpräsident Dmitrij Medwedjew begonnen, ohne Absprache mit der Ukraine Gas über die gemeinsame Grenze direkt an die von Separatisten kontrollierten Gebiete zu liefern. Offiziell wird das in Moskau als Lieferung an die Ukraine deklariert und Kiew in Rechnung gestellt, da die Separatistengebiete rechtlich weiter ukrainisches Gebiet sind. Der staatliche russische Energiekonzern Gasprom bestätigte Lieferungen von bis zu 12 Millionen Kubikmetern pro Tag.
Aus Kiewer Sicht sieht die Sache allerdings völlig anders aus. Die ukrainische Seite sagt, ihre Gaslieferungen an die separatistischen „Volksrepubliken“ im Osten des Landes seien nur deshalb zum Erliegen gekommen, weil die dortigen prorussischen Kämpfer eine Leitung aus dem Regierungsgebiet mit Absicht beschädigt hätten, um so Direktimporte aus Russland zu rechtfertigen. Andrij Kobolew, der Vorstandsvorsitzende des ukrainischen Energiekonzerns Naftogas jedenfalls hat sich schon vergangene Woche in diesem Sinne geäußert: „Wir haben den Eindruck, dass die zuerst die Gas-Infrastruktur ruiniert und dann beschlossen haben, Gas direkt in die (Ost-)Ukraine zu liefern“. Deshalb denke Kiew nun gar nicht daran, die von niemandem bestellten russischen Direktlieferungen an Moskaus Schützlinge auch noch zu bezahlen.
Der Streit hatte sich in den vergangen Tagen verschärft und droht nun zu einer Lieferkrise zu werden, die auch die EU in Mitleidenschaft ziehen könnte. Weil nämlich Kiew Russlands Lieferungen an die Separatisten nicht als Lieferungen an die Ukraine anerkennt, ist aus ukrainischer Sicht Russland seinen vertraglichen Lieferpflichten an die Ukraine im Monat Februar nicht nachgekommen. Aus diesem Grund weigert sich die Ukraine nun, Vorauszahlungen für März zu leisten. Das wiederum hat den Gasprom-Vorstandsvorsitzende Alexej Miller schon am Dienstag dazu veranlasst, festzustellen, ohne Vorauszahlung aus Kiew müsse sein Unternehmen in den kommenden Tagen seine Lieferungen stoppen, „was ernste Risiken für den Transit nach Europa nach sich zieht“. Europa bezieht einen großen Teil seines russischen Importgases über ukrainische Leitungen.
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Putins hat mit seinem „Völkermord“-Vorwurf diesen Streit nun weiter verschärft. Am Montag sagte er, die Ukraine sei nach der Minsker Waffenstillstandsvereinbarung vom 12. Februar dazu verpflichtet, die Energieversorgung der “Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk sicherzustellen. Worauf sich diese Behauptung stützt, ist unklar, denn im Text der Vereinbarung ist von Energie nicht die Rede.
Für die Ukraine ist die Lage in diesem Streit allerdings nicht aussichtslos. Das Land hat sich in den vergangenen Wochen neue Lieferwege aus der EU erschlossen und ist dadurch von russischem Gas heute weniger abhängig als früher. Dass der Frühling vor der Tür steht, lässt einen russischen Lieferstopp weniger bedrohlich erscheinen, als 2009, als die Krise auf dem Höhepunkt des Winters begann. Außerdem sind in den ukrainischen Gasspeichern, den größten Europas, noch Reserven vorhanden. Die unterirdischen Tanks sind am Ende der Heizperiode zwar nur noch zu 25 Prozent gefüllt, aber sie enthalten immer noch 8,1 Milliarden Kubikmeter Gas. Da die Ukraine im Februar vermutlich nicht mehr als 715 Millionen Kubikmeter verbrauchen wird, dürften die Bestände bis zum Ende des Winters ausreichen.

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