"Die Österreicher haben fahrlässig die staatliche Garantie zur Disposition gestellt," mahnt der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes deutscher Banken, Michael Kemmer, im Gespräch mit Bloomberg News. "Das wird Auswirkungen auf die Banken-Refinanzierung in Höhe und Preis haben."
Der Bankenverband hatte am 16. März zum zweiten Mal innerhalb von knapp sieben Jahren die Düsseldorfer Hypothekenbank gerettet. Hintergrund ist eine Entscheidung der österreichischen Finanzaufsicht, die Bad Bank der krisengeschüttelten Hypo Alpe Adria abzuwickeln und sämtliche Schuldenzahlungen zu stoppen. Bis Ende Mai 2016 bedient die Bad-Bank Heta keine Schulden mehr.
"Argentinien hat auch gedacht, wir zahlen einfach nicht mehr", erklärt Kemmer. Zehn Jahre später sei Argentinien immer noch in Klagen von Hedge-Fonds verwickelt. "Und damit muss auch Österreich rechnen", so Kemmer.
Steuerzahler mussten bluten
Das Vorgehen der Österreicher stösst vor allem deshalb auf Kritik, da das Bundesland Kärnten eine Landeshaftung für vorrangige Schulden von gut 10 Mrd. Euro der Heta übernommen hat, die mit dem Moratorium in Frage gestellt wird. Zudem will auch die österreichische Bundesregierung nicht mehr für die Skandalbank einstehen, die den österreichischen Steuerzahler bereits 5,5 Mrd. Euro gekostet hat.
Brisant ist das Vorgehen auch deshalb, weil Österreich das erste Land ist, das mit der Heta Abwicklung die neuen europäischen Regeln zur Abwicklung von Banken anwendet. Österreich ist damit ein Präzedenzfall für die ganze Eurozone.
Im Gegensatz zur früheren raschen Staatsunterstützung mache Österreich nun als erstes Land von den neuen EU-Vorschriften Gebrauch und bürde den Investoren die Verluste auf, statt dem Steuerzahler, erklärt der Analyst Patrick Rioual der Ratingagentur Fitch am Donnerstag in Wien. "Wir haben die ungewöhnliche Situation eines Landes mit einem AA+-Rating, das die Bank stützen könnte, es aber freiwillig nicht tut", so Rioual. Fitch will nun prüfen, wie sicher die staatliche Unterstützung für Kreditinstitute in Krisenzeiten noch ist.
Top-Noten in Gefahr
In Österreich müssen die drei grössten Banken im Zuge der Prüfung damit rechnen, um bis zu drei Stufen in den Bereich "BBB" abzusinken, erklärt Rioual. Doch nicht nur österreichische Banken laufen Gefahr, ihre Top Noten zur Refinanzierung zu verlieren. Fitch überprüft in allen europäischen Ländern, wie sicher die staatliche Unterstützung jetzt noch ist.
"Die Investoren werden den staatlichen Garantien nicht mehr in dem Masse trauen wie vorher", mahnt Kemmer. Der ganze Bankensektor im Euroraum und in Europa sei davon betroffen.
Österreich hat Berichten zufolge innerhalb der EU mit 113 Mrd. Euro die höchsten Ausfallgarantien auf Basis der Wirtschaftsleistung übernommen - 35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Deutschland steht für 512 Mrd. Euro oder 18 Prozent der Wirtschaftsleistung gerade, gefolgt von Spanien (193 Mrd. Euro) und Frankreich (117 Mrd. Euro).
Wie wichtig die staatliche Absicherung vor allem in Deutschland ist, hat das Jahr 2008 gezeigt. Inmitten der Finanzkrise, im Oktober 2008 - traten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) vor die Bürger und versicherten, die Bundesregierung stehe für alle Sparguthaben gerade. Die Staatsgarantie galt insbesondere in der Finanzkrise als die einzige verlässliche Absicherung - für Bürger wie für Finanzinvestoren. Förderbanken und Sparkassen profitieren vom Vertrauen der Anleger in öffentliche Rückendeckung.
Vertrauen wird auf die Probe gestellt
Doch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser rüttelt kräftig am Vertrauen in die öffentliche Garantie. Vergangene Woche kündigte er an, die Landeshaftungen "genauestens" auf ihre Rechtsgültigkeit prüfen zu lassen. Wenn es eine Chance gebe, das "Damoklesschwert der Haftungen" zu entfernen, dann werde diese auch genutzt, erklärte Kaiser.
Der Streit über den Heta-Ausfall hat längst auch die Politik erreicht. Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) mahnt, Österreich drohe nach Griechenland zum neuen Problemfall in Europa zu werden; der Vorfall decke eine echte Schwachstelle in der europäischen Finanzarchitektur auf. Ganz so weit geht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zwar nicht. Doch Gespräche zwischen Schäuble und seinem österreichischen Amtskollegen Hans-Jörg Schelling Mitte März konnten bislang keine Klarheit erzielen. Schäuble geht davon aus, dass der Konflikt nur durch einen Rechtsstreit gelöst werden kann.
(Bloomberg)