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Freitag, 26. Juni 2015

Bundesbank-Präsident Weidmann verurteilt Ela-Notkredite für Athen Der Präsident der Bundesbank attackiert die Dauerhilfen der EZB für notleidende griechische Banken, die indirekt dem Staat zugutekommen. Auch etwas anderes in Europa „stinkt“ ihm.

Bundesbank-PräsidentWeidmann verurteilt Ela-Notkredite für Athen

Der Präsident der Bundesbank attackiert die Dauerhilfen der EZB für notleidende griechische Banken, die indirekt dem Staat zugutekommen. Auch etwas anderes in Europa „stinkt“ ihm.
© IMAGOBundesbankpräsident Jens Weidmann stemmt sich gegen eine Finanzierung Griechenlands aus der Notenpresse
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat mit ungewöhnlicher Schärfe die permanenten Nothilfen für angeschlagene griechische Banken kritisiert. Eigentlich sei die „Emergency Liquidity Assistance“ (Ela) als eine vorübergehende Quelle von Liquidität gedacht gewesen, aus der sich Banken gegen Hinterlegung guter Pfänder frisches Geld beschaffen könnten. Aber im Fall Griechenlands werde die Ela-Hilfe nun schon für eine sehr lange Zeit genutzt und sei die einzige noch verbliebene Finanzierungsquelle der Banken. „Das wirft Zweifel auf hinsichtlich ihrer Solidität“, sagte Weidmann in einer Rede auf einem Finanzkongress in Frankfurt.
Die Solidität der griechischen Banken werde besonders durch das Verhalten der Regierung untergraben, die Kapitalflucht und große Barabhebungen ausgelöst hätten, warnte Weidmann. Seit Februar hat der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) die Obergrenze für Ela-Hilfen für Griechenland mehrfach auf zuletzt rund 89 Milliarden Euro angehoben. Am Mittwoch und Donnerstag beantragte die griechische Notenbank keine zusätzliche Ausweitung der Hilfen. Kritik an der hohen Ela äußerte auch der Sparkassenverband: „Statt einer kurzfristigen Liquiditätshilfe werden marode Banken dauerhaft an den Tropf gelegt. Die Grenze zur Bankenrettung ist hier fließend“, sagte Verbandspräsident Georg Fahrenschon.
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Weidmann warnte vor einer indirekten monetären Staatsfinanzierung Griechenlands durch die Notenbanken des Eurosystems. „Allen Parteien in den gegenwärtigen Verhandlungen sollte klar sein, dass das Eurosystem keine Brückenfinanzierung für Griechenland bereitstellen darf, auch nicht in Vorwegnahme späterer Auszahlungen von Hilfsgeldern.“ Man müsse die griechischen Banken „dringend“ davon abhalten, weiterhin Ela-Geld für den Kauf von kurzlaufenden griechischen Staatstiteln auszugeben, die am Markt nicht verkäuflich sind. Dadurch verschlechterten die Banken ihre Liquiditätssituation weiter. „Wenn Banken ohne Marktzugang Schuldtitel ihres Staates kaufen, der ebenfalls vom Markt abgeschnitten ist, und wenn sie dabei auf Ela zurückgreifen, dann wirft das ernste Bedenken hinsichtlich einer monetären Staatsfinanzierung auf“, sagte Weidmann. Monetäre Staatsfinanzierung über die Geldscheinpresse der Notenbank ist im Euroraum laut Vertrag verboten. Daran zu erinnern habe nichts mit „dogmatischer deutscher Sturköpfigkeit“ zu tun, sagte Weidmann. Der Respekt für die Kernprinzipien der Währungsunion sei notwendig für langfristige Prosperität.

Weidmann: Enge Verbindung von Staaten und Banken lösen

Weidmann äußerte Zweifel, ob in Europa größere fiskalische Ausgleichsmechanismen, etwa ein europäisches Budget für eine Art Länderfinanzausgleich, eingeführt werden sollten. Vorher brauche es wirksame europäische Kontrollmechanismen gegen unsolide Haushaltspolitik, sagte Weidmann. „Aber sprechen wir es offen aus, das griechische Drama hat die öffentliche und politische Unterstützung für weitere Übertragungen von nationaler Souveränität auf die europäische Ebene beschädigt.“ Es sei entscheidend, dass künftige solidarische Hilfen an starke Bedingungen geknüpft würden.
Die politischen Bemühungen auf EU-Ebene um eine „Kapitalmarktunion“ lobte Weidmann. Durch diese sollen Unternehmen besseren Zugang zu Finanzierungen etwa über die Begebung von Anleihen erhalten. In Europa hängen Unternehmen bislang vor allem von Bankkrediten ab, während sich in Amerika auch mehr mittlere Unternehmen über Anleihen finanzieren. Man müsse nicht das amerikanische System kopieren, aber das europäische ergänzen, forderte Weidmann. In Amerika erlaube der stark integrierte Kapitalmarkt, dass regionale negative Schocks abgefedert würden. Nur 10 bis 20 Prozent solcher Schocks würden über fiskalische Puffer - also einen Finanzausgleich - abgefangen, dagegen 40 Prozent über den Kapitalmarkt und 25 Prozent über die Kreditvergabe. In Europa sei der Kapitalmarkt noch nicht so weit ausgebaut.
Was das Verhältnis von Staaten und Banken angehe, müsse die allzu enge Verbindung gelöst werden, forderte Weidmann. Die bevorzugte Regulierung für Staatstitel müsse beendet werden. Wenn Banken Staatstitel kauften, müssten sie dieses Investment mit Eigenkapital unterlegen. Auch nach dem neuesten internationalen Regelwerk Basel III wird für Staatsanleihen ein „Null-Risiko“ unterstellt, und Banken müssen folglich kein Eigenkapital für mögliche Verluste vorhalten. Weidmann hat dies schon vielfach kritisiert. Angesichts der hohen Verschuldung gibt es jedoch in vielen Staaten Widerstand gegen ein Ende der bevorzugenden Eigenkapitalvorschrift für Staatstitel. Regierungen befürchten, ihre Schuldtitel dann nur noch schlechter an Banken verkaufen zu können. Weidmann drängt darauf, die Null-Risiko-Illusion aufzugeben, gerade auch nach den Erfahrungen mit Griechenland. Im Euroraum beginne die Sache schon „zu stinken“, warnte er. Außerdem fordert er Obergrenzen für Kredite von Banken an Staaten.

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