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Samstag, 22. August 2015

Die Kündigungsregelung in Anleihebedingungen für den Fall, dass die Emittentin „(…) eine allgemeine Schuldenregelung zu Gunsten ihrer Gläubiger anbietet oder trifft (…)“, ist dahin gehend auszulegen, dass den Gläubigern ein Kündigungsrecht zusteht, wenn die Emittentin ihnen einen Beschlussvorschlag i. S. d. §§ 5 ff. SchVG unterbreitet, wonach die Anleihebedingungen in einer Weise geändert werden sollen, dass den Gläubigern nicht mehr der volle nach den bisherigen Anleihebedingungen ihnen zustehende Leistungsanspruch zusteht.

EWiR 2014, 771

Zur Kündigung einer Anleihe in Insolvenznähe
BGB § 305c Abs. 2, § 307 Abs. 1, §§ 314, 490 Abs. 1; SchVG §§ 5 ff.
OLG Frankfurt/M., Urt. v. 17. 9. 2014 – 4 U 97/14 (rechtskräftig; LG Frankfurt/M.), ZIP 2014, 2176 = DB 2014, 2521
 
Leitsatz des Verfassers:
 
Die Kündigungsregelung in Anleihebedingungen für den Fall, dass die Emittentin „(…) eine allgemeine Schuldenregelung zu Gunsten ihrer Gläubiger anbietet oder trifft (…)“, ist dahin gehend auszulegen, dass den Gläubigern ein Kündigungsrecht zusteht, wenn die Emittentin ihnen einen Beschlussvorschlag i. S. d. §§ 5 ff. SchVG unterbreitet, wonach die Anleihebedingungen in einer Weise geändert werden sollen, dass den Gläubigern nicht mehr der volle nach den bisherigen Anleihebedingungen ihnen zustehende Leistungsanspruch zusteht.

Clemens Just, Dr. iur., LL.M. (London), Solicitor (England & Wales), Rechtsanwalt, Partner – McDermott Will & Emery Rechtsanwälte Steuerberater LLP, FrankfurtM.
1. Die Beklagte ist ein Solarunternehmen, das 2010 eine Anleihe begeben hat. Die Anleihebedingungen sahen Kündigungsmöglichkeiten u. a. für den Fall vor, dass die Beklagte „eine allgemeine Schuldenregelung zu Gunsten ihrer Gläubiger anbietet“, bzw. bei Bekanntgabe der Zahlungsunfähigkeit oder allgemeiner Einstellung ihrer Zahlungen. Am 24. 1. 2013 veröffentlichte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung, wonach gravierende Einschnitte bei den Verbindlichkeiten der Gesellschaft, vor allem den Anleihen, notwendig seien. Die Klägerin erwarb danach die streitgegenständlichen Schuldverschreibungen zum damaligen Marktpreis i. H. v. 22 % des Nennwerts. Im April und Mai 2013 veröffentlichte die Beklagte weitere Ad-hoc-Mitteilungen, in denen allgemein bekanntgegeben wurde, dass wesentliche Beschlüsse hinsichtlich einer finanziellen Restrukturierung der Beklagten durch die Hauptversammlung der Gesellschaft und die Gläubiger der ausgegebenen Anleihen im August 2013 geplant seien. Die Gläubigerversammlung der Beklagten beschloss am 5. 8. 2013, dass die Finanzgläubiger, darunter die Anleihegläubiger, auf ihre Forderungen i. H. v. 55 % verzichten und dafür neue Aktien der Beklagten erhalten sollten. Die Klägerin sprach jeweils Kündigungen mit Schreiben vom 31. 5., 18. 7., 8. 8. sowie 13. 8. 2013 aus. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Kündigungen. Das LG wies die auf Rückzahlung eines Teils des Nennbetrags der Anleihen gerichtete Klage ab.
2. Das OLG hat die Klage im Wesentlichen als begründet angesehen; die Anleihen der Klägerin seien wirksam außerordentlich gekündigt worden, so dass ihr die eingeklagte Summe gegen Aushändigung der substituierten Wertpapiere zustehe.
Hinsichtlich der Kündigung vom 31. 5. macht das OLG deutlich, dass die vorangegangenen Ad-hoc-Meldungen, die Zahlungsunfähigkeit sei nur durch den geplanten Schuldenschnitt zu erhalten, noch keine Bekanntgabe einer Zahlungsunfähigkeit sei. Die Zahlungsfähigkeit bestehe zu diesem Zeitpunkt gerade noch und könne daher auch keine Kündigung rechtfertigen. Auch könne noch kein Anbieten einer allgemeinen Schuldenregelung angenommen werden, da die Ad-hoc-Mitteilungen vom April und Mai noch keine konkreten Angaben enthielten, in welcher Weise eine Änderung der Anleihebedingungen von der Beklagten beabsichtigt sei. Die Kündigung vom 31. 5. könne auch nicht auf § 314 BGB gestützt werden. Dessen

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