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Montag, 23. November 2015

20.11.2015 Gläserne Anlegerkonten Das Ende der Abgeltungsteuer naht

 Gläserne AnlegerkontenDas Ende der Abgeltungsteuer naht

Wolfgang Schäuble: Der Gedanke, die Abgeltungssteuer abzuschaffen, treibt den Finanzminister schon länger um. 2017 könnte es soweit sein - dann müssten Anleger ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen zu ihrem persönlichen Steuersatz versteuern, nicht mehr mit 25 Prozent
Der eine zahlt, der andere zählt - so könnte man das Verhältnis zwischen Bürger und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble skizzieren. Der eine zahlt die Steuern, der andere zählt sie. Das gilt für den zum persönlichen Steuersatz versteuerten Lohn, aber auch für Erträge der Geldanlange: Davon bekommt das Finanzamt 25 Prozent - frei Haus geliefert von den Banken, in Form der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge.
Doch die Abgeltungsteuer könnte bald, so die Gedankenspiele Schäubles, Geschichte sein. Man könnte darüber nachdenken, die Steuer nach 2017 abzuschaffen, weil sie dann ihre Funktion verloren habe, zitiert die "FAZ" den Finanzminister.
Dabei wurde die Abgeltungsteuer erst 2009 eingeführt, unter anderem, um der Steuerflucht einen Riegel vorzuschieben. Die Banken sorgten für den Informations- und Geldfluss an die Behörden und beugten der Gefahr vor, dass Aktiendepots und Anlegergeld außer Landes geschafft und gar nicht versteuert werden. Der Satz "besser 25 Prozent von X, als 42 Prozent von nix" gehört zum rhetorischen Vermächtnis von Peer Steinbrück, des damaligen Finanzministers. Will sagen: Lieber pauschal 25 Prozent der Kapitalerträge in Form der Abgeltungssteuer einstreichen, als riskieren, dass Wohlhabende mit dem persönlichen Steuersatz von 42 Prozent ihr Geld außer Landes schaffen und letztlich gar keine Steuern auf ihr Schwarzgeld zahlen.
25 Prozent von X sind gut - aber 42 Prozent von X sind besser
Nun denkt Schäuble laut darüber nach, die Abgeltungsteuer abzuschaffen. Denn der automatische Informationsabgleich über Auslandskonten in den G20-Staaten rückt immer näher, 2017 soll es soweit sein. Der deutsche Fiskus wüsste also auch über Auslandskonten Bescheid. Erst am Donnerstag vergangener Woche beschlossder Bundestag ein entsprechendes Gesetz. Mit dabei sind mehr als 60 Staaten, darunter auch Luxemburg und die Schweiz. Bei soviel Transparenz wird Steuerhinterziehung schwierig.
Damit wäre Schäuble tatsächlich der Raum eröffnet, zum Beispiel das alte Steuersystem für Kapitalerträge wiederzubeleben und auch die Erträge aus Kapital mit dem persönlichen Steuersatz zu besteuern. 25 Prozent von X sind gut - aber 42 Prozent von X besser.
Zugleich würde sich der Fiskus auch eines Gerechtigkeits-Problems entledigen: Warum muss ein Millionär auf seine Kapitalerträge derzeit nur 25 Prozent Abgeltungsteuer zahlen, während mancher Facharbeiter seine Arbeitsleistung mit einem persönlichen Steuersatz von 30 Prozent versteuern muss? Der Streit darüber schwelt schon lange.
Was bedeutet ein möglicher Systemwechsel für die Mehrzahl den Anleger - eine satte Steuererhöhung am Horizont? Das kommt darauf an.
Vor allem darauf, wie die neue alte Steuer ausgestaltet würde und wo das Geld steckt. Der Schluss liegt nahe, dass die Abgeltungssteuer durch das alte System ersetzt werden würde - die Besteuerung mit dem individuellen Steuersatz. Das wiederum könnte bedeuten, dass auch das alte System des Halbeinkünfteverfahrens wieder aktiviert würde. Der sperrige Name verschleiert dessen einfachen Kern: Die Hälfte der in diesem Paragrafen genannten Einkünfte sind von der Steuer befreit, weil sie bereits auf Unternehmensebene besteuert wurden. Dazu gehörten zum Beispiel Dividendenzahlungen oder Kursgewinne.
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Menschen mit geringem Vermögen dagegen setzen eher auf Sicherheit, auf festverzinste Papiere. Diese Zinserträge indes würden möglicherweise nicht dem privilegierenden Halbeinkünfteverfahren unterfallen. Solange die Leitzinsen weiterhin so niedrig bleiben wie bislang, blieben die entsprechenden Erträge vielfach unter den Freibeträgen. Wer allerdings nur mit Sparbrief & Co spart und einiges Geld gehortet hat, für den könnte es auf eine Steuererhöhung hinauslaufen.
Die konkrete Ausgestaltung? Liegt noch nicht vor. Die Folgen? Offen. Schäuble rechnet offenbar mit Steuermehreinnahmen, berichtet die "Wirtschaftswoche". Das DIW dagegen kalkuliert mit Steuerausfällen. Sicher einrechnen lässt sich daher nur eines: Spätestens 2017 wissen wir mehr.

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