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Sonntag, 15. Januar 2017

Wird über das Vermögen einer GmbH, die Schuldverschreibungen ausgegeben hat, das Insolvenzverfahren eröffnet, steht die Befugnis zur Einberufung einer Anleihegläubigerversammlung nach dem SchVG nicht mehr dem Geschäftsführer der Anleiheschuldnerin, sondern dem Insolvenzverwalter zu.

OLG Stuttgart Urteil vom 27.12.2016, 10 U 97/16

Leitsätze
1. Wird über das Vermögen einer GmbH, die Schuldverschreibungen ausgegeben hat, das Insolvenzverfahren eröffnet, steht die Befugnis zur Einberufung einer Anleihegläubigerversammlung nach dem SchVG nicht mehr dem Geschäftsführer der Anleiheschuldnerin, sondern dem Insolvenzverwalter zu.


2. § 9 Abs. 1 SchVG regelt nicht., wer im Falle der Insolvenz einer GmbH als Anleiheschuldnerin für diese zur Einberufung der Anleihegläubigerversammlung berechtigt ist.



3. Der Geschäftsführer kann als Gesellschaftsorgan nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH nur noch solche Kompetenzen wahrnehmen, die nicht die Insolvenzmasse betreffen (Anschluss an BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 - IX ZR 282/03, juris Rn. 6)



4. Die dem Geschäftsführer verbleibende Befugnis, Versammlungen zur Beschlussfassung einzuberufen, bezieht sich nur auf den innergesellschaftlichen Bereich.



5. Die Befugnis zur Einberufung einer Anleihegläubigerversammlung ergibt sich nicht als Annexkompetenz der Schuldnerin zur Vorlage eines Insolvenzplans gemäß § 218 Abs. 1 InsO oder zum Antrag auf Einstellung des Insolvenzverfahrens mit Zustimmung aller Insolvenzgläubiger gemäß § 213 Abs. 1 S. 1 InsO.



6. § 19 Abs. 2 S. 1 SchVG 2009 regelt nur die Einberufung der ersten Gläubigerversammlung.



7. Beruft der Geschäftsführer einer insolventen GmbH eine Anleihegläubigerversammlung nach dem SchVG 2009 ein, verletzt er eine ihm gegenüber der GmbH obliegende Leistungstreuepflicht.
Tenor
1. Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 04.08.2016, Az. 11 O 100/16, abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit folgendem Inhalt zulässig und begründet war:
Der Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es bei Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren
für den Zeitraum von sechs Monaten zu unterlassen,
aus seiner Restkompetenz als Geschäftsführer eine Anleihegläubigerversammlung nach dem Schuldverschreibungsgesetz einzuberufen.
Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen der Verfügungskläger zu 1/4 und der Verfügungsbeklagte zu 3/4.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 25.000,00 EUR festgesetzt.


Gründe

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